Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Schubertstraße 62, 8010 Graz, über die Beschwerde vom 14. Jänner 2016 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 10. Dezember 2015 betreffend Haftungsbescheid / Sonstige 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Haftung des ***Bf1*** für die Abgabenverbindlichkeiten der LAG wird mit einem Betrag von 3.500,- € festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Bescheid vom 10.12.2015 wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) gegenüber die Haftung für offene Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin LAG in Höhe von 19.746,66 € vorgeschrieben.In der Begründung bezog sich das Finanzamt auf ein rechtskräftig verurteilendes Erkenntnis des Landesgerichtes für Strafsachen vom 13.11.2013, wonach der Bf. gem. § 33 Abs. 1 FinStrG iVm § 38 Abs. 1 FinStrG sowie gem. § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG iVm § 38 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt wurde. Zur Ermessensentscheidung wurde ausgeführt, dass bei vorsätzlich hinterzogenen Abgaben allfällige Einzelinteressen durch den öffentlichen Auftrag zur Ergreifung aller Mittel vollstreckbare Abgaben einzubringen, verdrängt werden.
In der Beschwerde vom 13.1.2016 wurde einerseits Verjährung eingewendet, andererseits wurde darauf hingewiesen, dass neben dem Bf. noch weitere Geschäftsführer der Primärschuldnerin im oben angeführten Strafverfahren verurteilt wurden und somit auch zur Haftung heranzuziehen seien, zumal der Bf. nicht mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten der schuldnerischen GmbH betraut gewesen sei. Auch hinsichtlich der Haftungshöhe werde eingewendet, dass der laut Strafverfahren wertbestimmende Wertbetrag beim Bf. ca. 256 TS €, bei KS ca 1.452 TS € und bei CS ca. 627 TS € betrage. Es erscheine daher unbillig, dass der Bf. in voller Höhe zur Haftung herangezogen werde. Auch der Grad des Verschuldens müsse Berücksichtigung finden.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 24.3.2016 wurde nach genauer Aufschlüsselung der Haftungssumme nach Abgabenart und Zeitraum - UST 2008 sowie LSt, DB und DZ von 2005 - 2009 dargelegt, dass eine Verjährung der Einhebung noch nicht eingetreten sei, da das Insolvenzverfahren der LAG im September 2010 eröffnet und im Juli 2014 rechtskräftig aufgehoben worden sei. Unterbrechungshandlungen - die nicht nur gegen den Primärschuldner, sondern auch gegenüber Haftungspflichtige wirken - führen dazu, dass die Verjährung von neuem zu laufen beginne.Unter Hinweis auf Ritz, BAO5, wird weiters ausgeführt, dass nach § 7 Abs. 1 BAO Personen, die eine Abgabe nach den Abgabenvorschriften haften, durch die Geltendmachung der Haftung zu Gemeinschuldnern würden (§ 224 BAO). Das bedeute, dass der Gläubiger die gesamte Schuld nur einem einzigen der Gesamtschuldner geltend machen dürfe. Ob und wie weiteren potenziellen Haftungspflichtigen die aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten vorgeschrieben wurden seien, könne die Abgabenbehörde unter Hinweis auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht nicht bekanntgeben.
Am 25.4.2016 langte ein Vorlageantrag vom 22.4.2016 ein, in dem vorgebracht wurde, dass in der BVE erstmalig die zur Haftung vorgeschriebenen Beträge - z. B. Lohnabgaben - nach Abgabenarten und Zeiträume aufgeschlüsselt dargestellt worden seien. Eine Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Lohnabgabenbescheide sei bereits abgelaufen.Gegen das Argument der Geheimhaltungspflicht nach § 48a BAO wurde eingewendet, dass das seinerzeitige Finanzstrafverfahren ein öffentliches gewesen sei und es ein Leichtes für die Behörde sei, weitere mögliche Haftende aus dem Straferkenntnis und dem Firmenbuch zu ermitteln.
Am 5. November 2025 kam es vor dem Bundesfinanzgericht (BFG) zu einem Erörterungstermin (ET), zu dem der Beschwerdeführer, sein Steuerberater, ein Vertreter des Fachbereiches des FAÖ sowie ein Mitarbeiter der Abgabensicherung geladen wurden.Im Zuge dieses ET wurde nach eingehender Besprechung der Sach- und Rechtslage (Abgleichung der Saldenbestände auf dem Abgabenkonto unter Berücksichtigung der Anrechnung verschiedenster saldowirksamer Verbuchungen) und nach einer durch das BFG angeregten Sitzungsunterbrechung zur Abklärung des nunmehr haftungsrelevanten Betrages durch die steuerliche Vertretung des Bf. das Beschwerdebegehren dahingehend eingeschränkt, dass das BFG aussprechen möge, dass der Bf. lediglich für einen Betrag von 3.500,- € zur Haftung herangezogen werde.
Die Vertreter der Abgabenbehörde sprachen sich nicht gegen diese Einschränkung aus.
Das BFG sieht keine Veranlassung, von dem, von den Parteien ermittelten und außer Streit gestellten, nunmehrigen Haftungsbetrag abzugehen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Ermittlung des haftungswesentlichen Betrages erfolgte auf Sachverhalts- und Beweiswürdigungsebene.
Graz, am 17. November 2025
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