Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer ***BF1StNr1***, über die Beschwerde vom 9. Dezember 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 22. November 2024 betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2023 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt Anspruchszinsen in Höhe von 55,22 Euro für den Zeitraum 1.10.2024 bis 24.11.2024 fest. Bemessungsgrundlage bildete die mit Einkommensteuerbescheid 2023 vom 24.11.2024 festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2023 in Höhe von 7.275 Euro, der anzuwendende Zinssatz ergab sich aus einem Tageszinssatz in Höhe von 0,0138 mal 55 Tage bzw. 0,759%. Zu berücksichtigende Anzahlungen lagen nicht vor.
2. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) ein, sie habe nie einen Vorauszahlungsbescheid für die Einkommensteuer 2023 erhalten. Am 10.5.2024 habe sie die gesamten Steuerunterlagen 2023 dem Finanzamt übergeben. In der Woche 47 habe sie dem Finanzamt mitgeteilt, dass sie noch immer keinen Steuerbescheid erhalten habe. Sie selbst habe sich keinerlei Versäumnis zuschulden kommen lassen und sehe daher nicht ein, weshalb sie Anspruchszinsen zahlen müsse.
3. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.2.2025 mit der Begründung ab, für die Festsetzung von Anspruchszinsen sei es irrelevant, ob eine Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgt sei. Die Festsetzung von Anspruchszinsen liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Durch die Festsetzung von Anspruchszinsen sollten Zinsvorteile ausgeglichen werden. Einer Festsetzung von Anspruchszinsen könne nur durch eine Anzahlung durch den Abgabepflichtigen entgegengewirkt werden.
4. Mit als Vorlageantrag zu wertendem Schreiben vom 18.2.2025 wandte die Bf. gegen die Beschwerdevorentscheidung ein, sie habe bis zum 1.10.2024 a) Keinen gültigen Abgabenbescheid b) Keine gültige Vorauszahlung erhalten, weshalb die Voraussetzungen für die Anwendung des § 205 BAO nicht gegeben seien. Auch habe sie keine termingerechte Belehrung zu den Zahlungsfristen bekommen, sondern sich selbst via Internet und E-Mail an das Finanzamt über ausstehende Dokumente informieren müssen.
5. Am 20.3.2025 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
1. Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Bf. für den Zeitraum zwischen dem 1.10.2024 und dem 24.11.2024 Anspruchszinsen in Höhe von 55,22 Euro zu zahlen verpflichtet ist oder nicht.
2. Die gesetzlichen Grundlagen für die Anspruchszinsen sind in § 205 BAO geregelt und lauten auszugsweise:
§ 205. (1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 oder 4 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.
3) Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
(4) Die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) wird durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
2. Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (ErlRV 311 BlgNR 21. GP, 196; VwGH 24.9.2008, 2007/15/0175; BFG 1.4.2021, RV/2100333/2019; BFG 5.12.2023, RV/5100760/2023; BFG 20.2.2024, RV/2100545/2022; BFG 26.3.2024, RV/7105514/2015).
Entscheidend für die Festsetzung von Anspruchszinsen ist allein die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 ist es daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgt ist. Die Verzinsung unterscheidet somit nicht, ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht oder ob die Festsetzung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt. Bei der Verzinsung, die sich aus Abänderungen von Bescheiden ergibt, ist es bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war. Auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen kommt es nicht an (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 205 Rz 2-4; VwGH 24.9.2008, 2007/15/0175; BFG 22.12.2015, RV/7102677/2015).
Die Festsetzung der Anspruchszinsen liegt auch nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. BFG 17.8.2023, RV/7104937/2017; Tanzer/Unger, BAO 2025, 245).
Zinsenrelevante Nachforderungen oder Gutschriften können sich u.a. aus erstmaligen Abgabenfestsetzungen ergeben (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 205 Rz 8).
4. Im Beschwerdefall wurde mit Einkommensteuerbescheid vom 22.11.2024 die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit 7.275 Euro festgesetzt und in dieser Höhe nachgefordert. Die Nachforderung ergab sich daraus, dass zuvor keine Einkommensteuer 2023 festgesetzt oder vorausgezahlt worden war, sodass der Differenzbetrag im Sinne des § 205 Abs. 1 BAO der festgesetzten Einkommensteuer entsprach. Dieser Differenzbetrag an Einkommensteuer war nach der klaren Anordnung des § 205 BAO zwischen dem 1.10. des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs (Einkommensteuer) 2023 folgenden Jahres, im Beschwerdefall also dem 1.10.2024, und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides 2023, im Beschwerdefall am 22.11.2024, wie im angefochtenen Bescheid erfolgt zu verzinsen.
5. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist allein an das objektive Vorliegen eines Zinsvorteiles oder Zinsnachteiles durch eine Nachforderung oder Gutschrift an Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer gebunden. Subjektive, das heißt bei den Parteien gelegene Umstände für das Entstehen dieses Zinsvorteils oder -nachteils wie insbesondere ein Verschulden des Abgabepflichtigen durch verspätet eingereichte Erklärungen oder ein Säumnis des Finanzamtes bei der Festsetzung der Abgaben sind hingegen ohne Relevanz. Daher ist es für die strittige Festsetzung von Anspruchszinsen ohne Bedeutung, ob im Beschwerdefall das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2023 schon eher erlassen hätte können oder nicht. Ohne Relevanz ist auch der Umstand, dass die Bf. vor dem 1.10.2024 keinen Abgabenbescheid erhalten hat und keine Vorauszahlungen zu leisten verpflichtet war. Existiert nämlich kein "Vorsoll" aus einer bisher festgesetzten Abgabe oder aus Vorauszahlungen im Sinne des § 45 EStG 1988, ist der zinsrelevante Differenzbetrag ident mit der festgesetzten Abgabenschuld (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 205 Rz 10). Gänzlich unbeachtlich für die an dieser Stelle zu entscheidende Streitfrage ist schließlich auch der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe sich selbst über nicht näher bezeichnete "ausstehende Dokumente" über Zahlungsfristen informieren müssen.
6. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
1. Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2. Dieses Erkenntnis beruht auf einer klaren gesetzlichen Grundlage. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist damit nicht angesprochen und ist daher eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Feldkirch, am 14. Oktober 2025
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