Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch CENTURION Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgmbH, Hegelgasse 8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom 8. Februar 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 5. Jänner 2024 betreffend Einkommensteuer 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2025 und am 6. November 2025 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Streitjahr 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Zusammenhang mit einer Operation seiner Ehefrau in einem Privatkrankenhaus machte er in seiner Einkommensteuererklärung die dafür von ihm getragenen Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend.
Am 31. Oktober 2023 erging ein Ergänzungsersuchen an den Bf. betreffend die geltend gemachten Behandlungskosten in Höhe von Euro 10.299,13. Mangels Rückmeldung versendete die belangte Behörde am 14. Dezember 2023 ein Erinnerungsschreiben.
Am 30. Dezember 2023 gab der Bf. bekannt, dass die Kosten für die Operation seiner Gattin angefallen seien. Diese habe sich nach einem Mehrfachbandscheibenvorfall nur mehr unter großen Schmerzen mit einem Rollator bewegen können. Dem Schreiben waren zwei Rechnungen beigelegt.
Mit Bescheid vom 5. Jänner 2024 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2022 fest. Darin wurden die geltend gemachten Behandlungskosten nicht berücksichtigt, da weder ein gemeinsamer Haushalt bestehe noch der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehe.
Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom 8. Februar 2024 Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass es aufgrund der großen Schmerzen der Ehefrau des Bf. nicht möglich gewesen sei, einige Monate zuzuwarten, bis ein Termin in der Kassenmedizin verfügbar gewesen wäre. Der Bf. habe sich der Zahlung nicht entziehen können, da seine Ehefrau nur über eine sehr kleine Pension verfüge und sich die OP nicht hätte leisten können. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Relevanz des Alleinverdienerabsetzbetrages nur in einer allfälligen Reduktion des Selbstbehaltes bestehe. Außerdem lebe der Bf. abwechselnd an beiden Meldeadressen und werde auch von seiner Ehefrau nach Maßgabe ihres Gesundheitszustandes begleitet.
Am 13. Februar 2024 erging ein weiteres Ergänzungsersuchen. Darin ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Übermittlung eines Zahlungsnachweises durch den Bf. sowie um Bekanntgabe eines allenfalls gewährten Kostenersatzes.
Mit Schreiben vom 13. März 2024 übermittelte der Bf. einen Zahlungsnachweis und gab bekannt, dass er am 5. Dezember 2022 Euro 10.000,00 auf das Konto seiner Ehefrau überwiesen habe. Da sich der Rechnungsbetrag als höher herausgestellt habe, habe der Bf. seiner Ehefrau weitere Euro 1.000,00 in bar gegeben. Die Überweisung an die Privatklinik sei am 28. Dezember 2022 erfolgt. Der Kostenersatz der ÖGK sei auf der Rechnung ersichtlich, weitere Ersatzleistungen habe es nicht gegeben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. März 2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, da terminliche Überlegungen für die Operation in der Privatklinik anstatt in einer öffentlichen Krankenanstalt ausschlaggebend gewesen seien und somit keine triftigen medizinischen Gründe vorliegen würden.
Mit Eingabe vom 21. Mai 2024 beantragte der Bf. innerhalb verlängerter Frist die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Dem Vorlageantrag war ein ärztlicher Befund eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 16. April 2024 sowie eine Bestätigung eines Facharztes für Unfall- und Neurochirurgie vom 18. April 2024 angeschlossen.
Am 13. Juni 2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht vom selben Tag führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass das Kriterium der Zwangsläufigkeit, das stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen sei, strittig sei. Nach Ansicht der belangten Behörde liege keine geeignete ärztliche Bestätigung vor, wonach die medizinische Behandlung ausschließlich im Privatspital möglich gewesen wäre bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile der Ehefrau des Bf. durch die Inanspruchnahme einer medizinischen Behandlung in einem öffentlichen Spital gedroht hätten. Da keine triftigen Gründe für die Operation in der Privatklinik vorliegen würden, beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.
Am 1. Oktober 2025 fand die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt, in der insbesondere das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von triftigen medizinischen Gründen diskutiert wurde. In der Folge wurden von den beiden die Ehefrau des Bf. behandelnden Ärzten ergänzende Befundberichte abverlangt.
Am 3. November 2025 reichte der Bf. die beiden ergänzenden Befundberichte nach.
Am 6. November 2025 fand die fortgesetzte mündliche Verhandlung statt. Dabei wurde der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme in Hinblick auf die Befundberichte gegeben.
Der Bf. bezieht im Streitjahr 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Bf. ist mit ***Ehefrau*** verheiratet. Die Ehefrau des Bf. bezieht im Streitjahr 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionsversicherungsanstalt) in Höhe von Euro 11.616,84. Der Bf. ist gegenüber seiner Ehefrau nicht unterhaltspflichtig.
Bei der Ehefrau des Bf. wurde ein Bandscheibenvorfall und eine Stenose im Bereich der Wirbel L3 bis L5 diagnostiziert. Die Ehefrau des Bf. war im Streitjahr 2022 Diabetikerin, auf ein Rollmobil angewiesen und litt unter starken Schmerzen. Die Ehefrau des Bf. wurde am 15. November 2022 in einer Privatklinik operativ versorgt.
Der Bf. machte in der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2022 die Kosten für die Operation in der Privatklinik in Höhe von Euro 10.299,13 als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Kosten setzen sich aus Spitalskosten in Höhe von Euro 10.340,97 abzüglich Euro 41,84 Haushaltsersparnis für die Dauer des Spitalsaufenthalts von acht Tagen zusammen.
Der Bf. übernahm die Kosten für die Operation seiner Ehefrau. Die Ehefrau des Bf. bezahlte mit dem vom Bf. erhaltenen Geld im Streitjahr 2022 die Klinikrechnung.
Die Operation der Ehefrau des Bf. war medizinisch indiziert und hätte auch in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt werden können. Weder der Bf. noch seine Ehefrau noch die beiden behandelnden Ärzte erkundigten sich nach einem Termin für eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus. Die Ehefrau des Bf. hätte keine medizinischen Nachteile bei einer Operation in einem öffentlichen Krankenhaus erlitten. Es konnten keine triftigen medizinischen Gründe für die Durchführung der Operation in einem Privatkrankenhaus nachgewiesen werden.
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, auf Datenbankabfragen sowie auf die Ergebnisse der mündlichen Verhandlungen vom 1. Oktober 2025 und 6. November 2025.
Zwischen dem Bf. und Frau ***Ehefrau*** besteht unstrittig eine aufrechte eheliche Gemeinschaft (vgl. Protokoll zur Verhandlung vom 1. Oktober 2025).
Wenngleich die Ehefrau des Bf. lediglich eine kleine Pension bezieht, verfügt sie über eigenes Einkommen. In der Verhandlung vom 1. Oktober 2025 bestätigte der Bf., dass er gegenüber seiner Ehefrau nicht unterhaltspflichtig ist.
Der Rechnungsbetrag für die Operation in der Privatklinik wurde nach den aktenkundigen Unterlagen von der Ehefrau des Bf. im Jahr 2022 entrichtet. Der Bf. hat die Operationskosten für seine Ehefrau in vollem Umfang getragen (vgl. Protokoll zur Verhandlung vom 1. Oktober 2025).
Es steht unstrittig fest, dass die Ehefrau des Bf. im Jahr 2022 einen Bandscheibenvorfall erlitt, unter starken Schmerzen litt und auf ein Rollmobil angewiesen war (vgl. Rechnung der Privatklinik vom 21. Dezember 2022 sowie die ärztlichen Befunde vom 16. und 18. April 2024 und vom 6. und 8. Oktober 2025). Die bei der Ehefrau des Bf. am 15. November 2022 durchgeführte Operation war folglich medizinisch indiziert.
Die Bf. war nach den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen Diabetikerin, sodass bei der Schmerzmedikation entsprechend darauf Bedacht genommen werden musste (vgl. Befundbericht vom 6. Oktober 2025).
Triftige medizinische Gründe lassen auch höhere Aufwendungen des Steuerpflichtigen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen. Ob solche triftigen Gründe vorliegen oder nicht, ist eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. VwGH 5.10.2021, Ra 2021/15/0059).
Das Bundesfinanzgericht kommt aus den nachstehenden Gründen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung geforderten triftigen medizinischen Gründe nicht vorliegen:
Zunächst steht unstrittig fest, dass in keinem öffentlichen Krankenhaus eine Terminanfrage betreffend die Bandscheibenoperation der Ehefrau des Bf. gestellt wurde (vgl. Protokoll zur Verhandlung vom 1. Oktober 2025 sowie Befundberichte vom 6. und 8. Oktober 2025). Dieser Umstand wurde auch vom Bf. in der fortgesetzten Verhandlung am 6. November 2025 nicht weiter bestritten. Weiters steht unstrittig fest, dass die streitgegenständliche Bandscheibenoperation auch in einem öffentlichen Krankenhaus in räumlicher Nähe der Ehefrau des Bf. durchgeführt hätte werden können (vgl. wiederum Befundberichte vom 6. und 8. Oktober 2025).
Bei den Ausführungen, wonach "eine Operation erst innerhalb einiger Monate möglich gewesen wäre" (vgl. Stellungnahme des Bf. in der Verhandlung vom 1. Oktober 2025), "erfahrungsgemäß […] mit einer längeren Vorlaufzeit zu rechnen [gewesen wäre]" (vgl. Befundbericht vom 8. Oktober 2025) bzw. "vom Hören und Sagen bekannt [sei], dass übliche Wartezeiten etwa 3 Monate betragen" (vgl. Befundbericht vom 6. Oktober 2025), handelt es sich demnach um nicht näher belegte, allgemeine Behauptungen losgelöst vom konkreten Streitfall. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands jedoch stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (vgl. VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057). Mangels Terminanfrage kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, wann in Bezug auf die konkrete Schmerz- und Gesundheitssituation der Ehefrau des Bf. eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus möglich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass auch in öffentlichen Krankenhäusern die Vergabe von Operationsterminen der medizinischen Indikation und Dringlichkeit entsprechend erfolgt.
Im Übrigen ist dem Befundbericht vom 8. Oktober 2025 zu entnehmen, dass sich die rasche Versorgung primär aufgrund der Schmerzsymptomatik ergeben habe und irreparable Schäden auch bei einem späteren Operationstermin nicht zu erwarten gewesen wären. Diesem Befund stehen auch die Ausführungen im Befundbericht vom 6. Oktober 2025 nicht entgegen. Der Befundbericht vom 6. Oktober 2025 beschreibt zunächst den Gesundheitszustand der Ehefrau des Bf. vor der Operation und weist dabei insbesondere auf die bestehende Schmerzsymptomatik und die Herausforderungen der Schmerztherapie bei Diabetikern hin. Zur Frage, wie lange ein Zuwarten auf einen Operationstermin ohne erhebliche medizinische Nachteile möglich gewesen wäre, wird allgemein ausgeführt, dass ein Abwarten konkreter motorischer Schwächen, um dann erst die Operation vorzunehmen, sicherlich nicht der optimale Verlauf wäre und zudem (wiederum allgemein) angemerkt, dass eine zu späte operative Versorgung zu bleibenden Wurzelschäden und motorischen Schwächen führen kann. Dass ein Zuwarten mit der Operation im konkreten Fall tatsächlich zu erheblichen medizinischen Nachteilen geführt hätte, wird aber auch im Befundbericht vom 6. Oktober 2025 nicht dargelegt (vgl. im Detail Befundbericht vom 6. Oktober 2025 sowie nochmals den irreparable Schäden explizit ausschließenden Befundbericht vom 8. Oktober 2025). Aus einer Zusammenschau der beiden Befundberichte ergibt sich somit, dass mit einer operativen Versorgung in einem öffentlichen Krankenhaus keine erheblichen medizinischen Nachteile verbunden gewesen wären und auch ein Zuwarten auf einen allfälligen späteren Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus keine irreparablen Schäden nach sich gezogen hätte.
Unabhängig davon, dass es aus menschlicher Sicht durchaus verständlich und nachvollziehbar ist, dass die Ehefrau des Bf. so schnell wie möglich wieder schmerzfrei und voll mobil sein wollte, liegen den obigen Ausführungen folgend nach Maßgabe der höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine triftigen medizinischen Gründe für die streitgegenständliche Operation in der Privatklinik vor.
§ 34 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019, lautet auszugsweise wie folgt:
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. […]
Streit besteht im vorliegenden Fall darüber, ob die Kosten für die Operation der Ehefrau des Bf. in einer Privatklinik zwangsläufig erwachsen sind.
Nach den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen besteht zwischen dem Bf. und Frau ***Ehefrau*** eine aufrechte eheliche Gemeinschaft, wobei den Bf. gegenüber seiner Ehefrau keine Unterhaltspflicht trifft.
Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen voraus, dass sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen zu der Leistung verpflichtet halten kann. Es reicht nicht aus, dass die Leistung menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung das Handeln gebieten. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen, in dem das Rechtsgefühl der Gemeinschaft zum Ausdruck kommt. Eine sittliche Verpflichtung besteht nur zwischen Familienangehörigen, die gegenseitig nicht unterhaltspflichtig sind. Eine allgemeine sittliche Pflicht, Dritten beizustehen, besteht hingegen nicht (vgl. VwGH 27.9.1995, 92/15/0214).
Da davon auszugehen ist, dass nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen den Ehepartnern in einer aufrechten ehelichen Gemeinschaft das Wohlergehen des jeweils anderen am Herzen liegt, bestand vor dem Hintergrund der Einkommenssituation der Ehefrau des Bf. unstrittig eine sittliche Verpflichtung des Bf. zur Übernahme der Operationskosten (vgl. Protokoll zur Verhandlung vom 1. Oktober 2025).
Die Zwangsläufigkeit des Aufwands ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Bloße Wünsche, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (vgl. VwGH 11.2.2016, 2013/13/0064 mwN).
Es steht unstrittig fest, dass die Ehefrau des Bf. infolge eines Bandscheibenvorfalls Schmerzen verspürte und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt war. Ein operativer Eingriff zur Linderung der Beschwerden war demnach jedenfalls medizinisch indiziert.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein. Dabei ist zu beachten, dass triftige medizinische Gründe auch höhere Aufwendungen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen lassen (vgl. VwGH 11.2.2022, Ra 2020/13/0062).
Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. VwGH 13.5.1986, 85/14/0181).
Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. VwGH 22.12.2004, 2001/15/0116).
Nach der angeführten Rechtsprechung führt nicht jeder gesundheitliche Nachteil schlechthin dazu, höhere Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt sind, beim Steuerpflichtigen als zwangsläufig erwachsen anzusehen; es muss sich vielmehr um ernsthafte gesundheitliche Nachteile handeln, deren Eintritt ohne die teurere Behandlung zu erwarten wäre. Wenngleich im streitgegenständlichen Fall aufgrund der Schmerzsituation eine zeitnahe operative Versorgung der Ehefrau des Bf. angezeigt war (vgl. die ärztlichen Bestätigungen vom 16. und 18. April 2024 sowie die Befundberichte vom 6. und 8. Oktober 2025), wurde nicht dargelegt, dass diese Behandlung nicht auch in einem öffentlichen Krankenhaus zeitnahe möglich gewesen wäre (vgl. dazu die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung, wonach nicht einmal ein Operationstermin in einer öffentlichen Krankenanstalt angefragt wurde). Darüber hinaus wurde nicht aufgezeigt, dass im konkreten Fall ernsthafte medizinische Nachteile mit einer Behandlung außerhalb des gewählten Privatkrankenhauses verbunden gewesen wären.
Insgesamt liegen daher keine triftigen medizinischen Gründe und damit das Kriterium der Zwangsläufigkeit gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht vor. Auf die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen der Außergewöhnlichkeit und wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit braucht daher im vorliegenden Fall nicht eingegangen werden. Die Kosten für die Operation der Ehefrau des Bf. in der Privatklinik waren sohin nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
Die streitgegenständliche Beschwerde war folglich spruchgemäß abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist zum einen der im Erkenntnis angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Zum anderen handelt es sich bei der Frage, ob triftige medizinische Gründe vorliegen oder nicht, um eine solche der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht berufen ist (vgl. VwGH 10.5.2021, Ra 2021/15/0031 und 5.10.2021, Ra 2021/15/0059). Insgesamt liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 17. November 2025
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