Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Monika Fingernagel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, über die Beschwerde vom 9. Dezember 2020 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 16. November 2020 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Die Beschwerdeführerin (Bf) erzielte im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 17.4.2020 brachte sie über Finanz-Online eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 ein.
Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom 16.11.2020 berücksichtigte das Finanzamt die beantragten Werbungskosten und Sonderausgaben (Pauschbetrag und Kirchenbeitrag), den Freibetrag wegen eigener Behinderung idHv € 363,00, Pauschbeträge idHv € 504,00 und nachgewiesene Kosten aus eigener Behinderung als außergewöhnliche Belastung idHv € 160,00. Der halbe Sachbezugswert hinsichtlich des Dienstautos der Bf wurde nicht anerkannt.
Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom 26.11.2020 Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass sie von 1.1.2018 bis 31.10.2018 insgesamt 14.305 km beruflich im Zuge von Kundenterminen zurückgelegt habe. Ab dem 1.11.2018 sei sie dann 3.682 km privat gefahren, da sie aufgrund einer Krankheit viele Arztbesuche benötigt habe. Ein Fahrtenbuch sei vorhanden. Der halbe Sachbezugswert stünde daher zu. Im Zuge der Beschwerde machte die Bf außerdem Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios in der Höhe von € 483,50 als außergewöhnliche Belastung geltend und legte dazu eine ärztliche Bestätigung vor, in der bestätigt wird, dass sie aus medizinischen Gründen regelmäßig ein Fitnessstudio besuchen solle.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.1.2021 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und darin ausgeführt, dass bei den Kosten für ein Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastung eine ärztliche Verordnung bereits im Vorfeld notwendig sei. Darüber hinaus müsse der Fitnessstudiobesuch und die dabei absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung eingebettet sein. Diese Voraussetzungen seinen Beschwerdefall nicht erfüllt.Hinsichtlich des halben Sachbezug sei festzustellen, dass der Zeitraum 8.4.2018 bis 26.4.2018 die Jahresangabe "2019" aufweise. An Wochenenden seien kaum Privatfahrten durchgeführt worden. Die durchschnittliche Jahreskilometerleistung im Privatbereich liege bei 15.000 km. Die Bf sei jedoch während des gesamten Jahres 2018 nur 4.956 km privat gefahren. Dies sei nicht glaubhaft.
Daraufhin brachte die Bf mit Schriftsatz vom 22.2.2021 einen Vorlageantrag ein.
Mit Vorlageberichten vom 17.6.2021 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme wurde ergänzend ausgeführt, dass auch die Fahrten zur Firmenzentrale nach Wien hinsichtlich des Sachbezuges "Privatfahrten" darstellen würden.
Die Bf erzielte im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der ***1***. Sie ist dort im Außendienst tätig. Dafür wurde ihr von ihrem Arbeitgeber ein Dienstauto zur Verfügung gestellt, das auch privat genutzt werden darf.
Sie hatte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ihren Hauptwohnsitz in 4040 Linz, ***2***.
Das Fahrtenbuch wurde elektronisch und händisch geführt.
Die Bf besucht die Firmenzentrale in 1230 Wien, ***3***, regelmäßig ca ein mal im Monat. Im Jahr 2018 ist sie in den Monaten Jänner bis Oktober insgesamt 9-mal zum Firmensitz nach Wien gefahren und zwar am 11.1., 6.2., 14.3., 12.4., 17.5., 31.8., 4.9., 12.9., und am 11.10. Danach befand sie sich bin Jahresende im Krankenstand.
Die einfache Strecke vom Wohnsitz der Bf zum Firmensitz beträgt 194 km.
Die privat gefahrenen Kilometer laut Fahrtenbuch betrugen im Jahr 2018 4.956 km. Davon sind 844 km im Zusammenhang mit den Fahrten zum Firmensitz angegeben.
Die Bf besuchte im Jahr 2018 ein Fitnessstudio. Die Kosten dafür betrugen € 483,50. Diesbezüglich liegen zwei ärztliche Bestätigungen vom 3.12.2020 und vom 26.9.2014 mit folgendem (nahezu identem) Inhalt vor:
Es wird bestätigt, dass Frau ***4*** geb. ***5*** aus medizinischen Gründen regelmäßig ein Fitnessstudio besuchen soll, um ihre Nacken- u. Schultermuskulatur zu stärken. Frau ***6*** ist deswegen auch regelmäßig auf Rehabilitationen und Kuren.Dg.: ***7***, Z. n. Autounfall mit ***8*** 1997, ***9***.
Die Bf hat einen Gesamtgrad der Behinderung idHv 70%.
Die Anzahl der Fahrten der Bf zum Firmensitz in Wien ergibt sich aus den vorgelegten Reisekostenabrechnungen des Arbeitgebers der Bf. Diese stimmen mit dem händischen und dem elektronischen Fahrtenbuch überein. Der Arbeitgeber der Bf bestätigt in der Stellungnahme vom 1.12.2020 ebenso, dass die Bf regelmäßig ca ein mal im Monat die Firmenzentrale besucht.
Die Kilometeranzahl idHv 194 km wurde dem Routenplaner in "Google-Maps" entnommen.
Außergewöhnliche Belastung:
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs 2), zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4), wobei sie nicht bereits Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein darf.
Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst.
Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Abgabepflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, wenn die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs 4 bzw Abs 5 EStG 1988 berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen Selbstbehalt übersteigen (§ 34 Abs 2 bis 5 EStG 1988).
Kein Selbstbehalt besteht nach Abs 6 dieser Bestimmung bei behinderungsbedingte Mehraufwendungen.
Im Zusammenhang mit den von der Bf geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen sind nur die Aufwendungen für den Besuch eines Fitnessstudios strittig.
Aus der Rsp des VwGH geht hervor, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl zB VwGH 22.12.2004, 2001/15/0116; VwGH 4.9.2014, 2012/15/0136).
Für die Anerkennung der beschwerdegegenständlichen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung muss die Zwangsläufigkeit dieser Ausgabe durch ein vor Beginn des Besuches des Fitnessstudios ausgestelltes ärztliches Zeugnis nachgewiesen werden, aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer des Fitnessstudiobesuches ergeben (VwGH 4.9.2014, 2012/15/0136).
Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung bedarf es nach der Rsp des VwGH der Einbettung des Studiobesuchs und der absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung. So könnte sich ein physiotherapeutisch begleiteter Besuch eines Fitnessstudios beispielsweise dann und insoweit als zwangsläufig erweisen, wenn im Rahmen einer ärztlich verordneten physikalischen Therapie nach einem festen Trainingsplan laufend auch konkrete selbstständige Trainingseinheiten in einem Fitnessstudio zu absolvieren sind und eine regelmäßige Überwachung dieser Selbstübungseinheiten im Rahmen der physikalischen Therapie gewährleistet ist (VwGH 4.9.14, 2012/15/0136; so auch die Rsp des BFG wie bspw BFG 30.5.18, RV/2100315/2018; BFG 17.2.16, RV/5101185/2015).
Im Vorliegenden Fall liegt keine dementsprechende, unmittelbare und ausreichend konkretisierte ärztliche Verordnung vor. Das vorgelegte Schreiben des Arztes stellt lediglich eine Empfehlung dar, was mit den Worten "soll besuchen" verdeutlicht wird. Eine Einbettung in einen ärztlich überwachten Therapieplan ist ebenfalls nicht gegeben.
Die Kosten für den Besuch des Fitnessstudios stellen daher keine außergewöhnlichen Belastungen dar.
Halber Sachbezugswert:
Gemäß § 15 Abs 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 zufließen.
Nach § 15 Abs 2 Z 1 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.
Gemäß § 4 Abs 1 Sachbezugswerteverordnung gilt, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, Folgendes:
1. Es ist ein Sachbezug von 2% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 960 Euro monatlich, anzusetzen.
2. Abweichend von Z 1 ist für Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von nicht mehr als 130 Gramm pro Kilometer ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 720 Euro monatlich, anzusetzen. Dabei gilt:
a) Für Kalenderjahre bis 2016 ist als CO2-Emissionswert 130 Gramm pro Kilometer maßgeblich. Dieser Wert verringert sich beginnend ab dem Kalenderjahr 2017 bis zum Kalenderjahr 2020 um jährlich 3 Gramm. Ab dem Jahr 2021 ist der CO2-Emissionswert des Jahres 2020 von 118 Gramm maßgeblich. Für die Ermittlung des Sachbezugs ist die CO2-Emissionswert-Grenze im Kalenderjahr der Anschaffung des Kraftfahrzeuges oder seiner Erstzulassung (Abs. 4) maßgeblich.
b) Sofern für ein Kraftfahrzeug kein CO2-Emissionswert vorliegt, ist Z 1 anzuwenden….
Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist ein Sachbezug im Ausmaß des halben Sachbezugswertes gemäß Abs 1 anzusetzen, wenn die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km beträgt. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind dabei unbeachtlich.
Mit dem Ansatz eines entsprechenden Sachbezugswertes wird der Vorteil erfasst, der darin besteht, dass sich der Arbeitnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten eines vergleichbaren Kfz aus Eigenem aufkommen müsste (Jakom/Ebner/Marschner, EStG17, § 15 Rz 19).
Die Bf war im Jahr 2018 im Außendienst tätig und es ist unbestritten, dass sie das arbeitgebereigene Dienstfahrzeug auch privat nutzen konnte. Der Arbeitgeber hat dafür den vollen Sachbezug angesetzt.
Ein inhaltlich ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ist folgendermaßen zu führen: zeitnah, geordnet, nach fortlaufendem, zeitlichem Zusammenhang, sowie in geschlossener Form, die nachträgliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden lässt (VwGH 23.11.2004, 2001/15/0083).
Das Fahrtenbuch der Bf beinhaltet das jeweilige Datum der beruflichen Fahrten, die angefahrenen Orte, den Kilometeranfangs- und -endstand sowie die beruflich und privat gefahrenen Gesamtkilometer. Im Zusammenhang mit der vorgelegten Reisekostenabrechnung des Arbeitgebers, sind auch die genauen Adressen der Kunden zu identifizieren.
Die Nutzung des arbeitgebereigenen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bewirkt ebenfalls einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis (VwGH 29.10.03, 2000/13/0028; VwGH19.03.2008, 2006/15/0289; VwGH 16.1.2023, Ra 2022/13/0104). Diese Fahrten stellen daher Privatfahrten dar.
Darüber hinaus sind nach der Rsp regelmäßige Fahrten zum Betrieb von Außendienstmitarbeitern, die ihre beruflichen Fahrten von zuhause antreten, wie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Sachbezug anzusehen. Bei regelmäßig absolviertem Innendienst gilt ein Büro als Arbeitsstätte; dies auch etwa dann, wenn die Betriebsstätte lediglich zu Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten oder Dienstbesprechungen aufgesucht wird (zB VwGH 16.1.23, Ra 2022/13/0104).
Im gegenständlichen Beschwerdefall ist eine Arbeitsstätte der Bf mit ihrer Wohnung ident und sie benützt das arbeitgebereigene Kfz für Fahrten von dieser häuslichen Arbeitsstätte zu einer auswärtigen Arbeitsstätte (Firmenzentrale). Daher liegen in diesem Zusammenhang Fahrten zwischen Wohnung und auswärtiger Arbeitsstätte vor, für die ein Sachbezug anzusetzen ist.
Das bedeutet, dass die im Fahrtenbuch ausgewiesenen Fahrten vom Wohnort nach Wien in die Firmenzentrale im Ausmaß von insgesamt 3.492 km (9 x 2 x 194 km) Fahrten zwischen Wohnung und weiterer Arbeitsstätte darstellen, für die ein Sachbezug anzusetzen ist. Davon hat die Bf bereits 844 km als "Privatfahrten" angegeben. Die Differenz von 2.648 km sind demnach den privat gefahrenen Kilometern laut Fahrtenbuch idHv 4.956 km hinzuzurechnen. Dies ergibt eine Gesamtkilometeranzahl von 7.604 km.
Die Bf hat daher im Jahr 2018 mehr als durchschnittlich 500 km (6.000 km jährlich) privat zurückgelegt, deshalb kann ein Sachbezug im Ausmaß des beantragten halben Sachbezugswertes nicht angesetzt werden.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur gegenständlichen Rechtsfrage existiert eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.
Linz, am 28. April 2025
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