Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 4. Juni 2025 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 30. Mai 2025 betreffend Rückforderung - Einzahlung Familienbeihilfe (FB)- Kinderabsetzbetrag (KG) für den Zeitraum 09.2023-02.2025, SVNR: ***2***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:"Wir haben Sie aufgefordert, uns Unterlagen zu senden. Da Sie das nicht getan haben, kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach (§ 119 Bundesabgabenordnung). Eine Familienleistung kann daher nicht ausgezahlt werden."
In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf.) folgendermaßen aus:"Ich habe die Abgabefrist leider verpasst und entschuldige mich dafür. Meine Tochter ist im Zeitraum vom September 2023 bis Februar 2025 Schülerin an der Abendschule in der ***Str*** in 1050 Wien gewesen. Sie hat das achte Semester im Februar 2025 abgeschlossen und maturiert derzeit. Um Ihren Schulbesuch nachzuweisen habe ich ihre Zeugnisse dem Anhang beigefügt."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom 24. Juli 2025 wurde begründet wie folgt:"Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis VwGH 18.5.2020, Ra 2020/16/0017, ausgesprochen: "Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit b FLAG jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit b FLAG kommt es überdies nicht nur auf das (ernstliche und zielstrebige) Bemühen um den Studienfortgang an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Ra 2017/16/0030; VwGH 22.12.2011, 2009/16/0315; wGH 23.2.2011, 2009/13/0127; und VwGH 15.12.2009, 2007/13/0125). Diese der Rechtsprechung des VwGH entnehmbare Definition der Berufsausbildung trifft nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des StudFG liegen (vgl. VwGH 30.6.2016, Ro 2015/16/0033; VwGH 14.12.2015, Ro 2015/16/0005; und VwGH 22.12.2011, 2009/16/0315)." Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, ist nach der (überwiegenden) Judikatur des UFS und des BFG als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden (zB UFS 2.4.2007, RV/0121-F/07; UFS 12.9.2007, RV/1780-W/07; UFS 17.11.2005, RV/1708-W/05; BFG 29.2.2016, RV/7105391/2014), wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt. Eine Berufsausbildung im Sinn des FLAG liegt - analog zum Besuch einer AHS und BHS - generell nur dann vor, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden anfällt. Auch das BFG nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG zu sprechen (zB BFG 19.10.2017, RV/7102012/2016); (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 40). Ihre Tochter besuchte im Rückforderungszeitraum die Handelsakademie für Berufstätige - Kommunikation und Medieninformatik. Laut den vorgelegten Zeugnissen ergibt die Wochenstundenanzahl der beurteilten Pflichtgegenstände im Wintersemester 2023/2024 13 Wochenstunden, im Sommersemester 2024 4 Wochenstunden und im Wintersemester 2024/2025 9 Wochenstunden. Somit hat Ihre Tochter den von der Rechtsprechung für eine Berufsausbildung an Schulen für Berufstätige erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden im Rückforderungszeitraum nicht erreicht. Da im hier maßgeblichen Zeitraum der Schulbesuch in quantitativer Hinsicht nicht die volle Zeit in Anspruch genommen hat, lag keine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit b FLAG vor und war die Beschwerde abzuweisen."
Die Bf. stellte einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin aus wie folgt:"Außerhalb der gegebenen wöchentlichen Unterrichtsstunden hat meine Tochter auch freiwillig Unterricht besucht, für den sie nicht benotet wurde. Außerdem hat die Erledigung von Aufgaben, die Vorbereitung für Prüfungen und letztendlich die Matura einen Großteil ihrer Freizeit in Anspruch genommen. Daher übersteigt der wöchentliche Zeitaufwand 20 bis 25 Stunden bei weitem."
Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht) vom 16.09.2025 führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:"Sachverhalt: Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.) ist am TT.5.2001 geboren und daher seit Mai 2019 volljährig. Sie besucht seit September 2023 die Handelsakademie für Berufstätige - Kommunikation und Medieninformatik in Wien. Im Wintersemester 2023/2024 wurden Gegenstände im Ausmaß von insgesamt 13 Wochenstunden (positiv) beurteilt. Sechs Gegenstände im Ausmaß von 14 Wochenstunden wurden angerechnet. Im Sommersemester 2024 wurden Gegenstände im Ausmaß von 4 Wochenstunden beurteilt. Im Wintersemester 2024/2025 wurden Gegenstände im Ausmaß von 9 Wochenstunden beurteilt.Beweismittel: Semesterzeugnis vom 2.2.2024 über das Wintersemester 2023/2024, Semesterzeugnis vom 28.6.2024 über das Sommersemester 2024, Semesterzeugnis vom 31.1.2025 über das Wintersemester 2024/2025.
Stellungnahme: Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Ergänzend wird ausgeführt, dass der Bf. zuzustimmen ist, wonach für die Beurteilung, ob die Ausbildung die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen hat, neben den im Zeugnis ausgewiesenen Wochenstunden auch der zusätzlich erforderliche Zeitaufwand für Lernstunden, Hausübungen und Vor- und Nachbereitungsstunden zu berücksichtigen ist. Nach der Rechtsprechung des BFG kann für den Lernaufwand, Hausübungen und Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden in etwa 40-50% der in Präsenz absolvierten Wochenstunden angesetzt werden (vgl. BFG 29.08.2019, RV/5101611/2016, 12.09.2019, RV/5101043/2018, BFG 25.01.2018, RV/5100957/2012). Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass auch unter Berücksichtigung des Aufwandes für Lernstunden sowie Hausübungen die von der Rechtsprechung geforderten 30 Wochenstunden von der Tochter der Bf. nicht erreicht wurden. Dies gilt selbst für den Fall, dass man aufgrund der (ins Treffen geführten) Maturavorbereitung von einem höheren Lernaufwand ausgeht, da selbst bei einem zusätzlichen Ansatz von 100% die erforderlichen 30 Wochenstunden nicht erreicht werden. Es wird daher seitens der Abgabenbehörde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Das Gericht bezieht sich betreffend die Sachverhaltselemente auf das oben wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.
Rechtsnormen
Familienlastenausgleichsgesetz (kurz: FLAG) 1967 idF BGBl. Nr. 376/1967, in der Fassung BGBl. I Nr. 220/2021 (kurz: idgF):§ 2.(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,a) für minderjährige Kinder,b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 idgF sind zu Unrecht bezogene Beträge Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurückzuzahlen.
Erwägungen
Ausbildungsmaßnahmen, die im Rahmen einer schulischen oder kursmäßigen Ausbildung erfolgen, müssen die volle Zeit des Auszubildenden in Anspruch nehmen, um den Anspruch auf Familienbeihilfe zu rechtfertigen. Beispielsweise im Fall des Besuches einer Maturaschule führt der VwGH allgemein aus, das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen. Zwar sei nicht (nur) der Prüfungserfolg ausschlaggebend, der Maturaschüler müsse aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (s zB VwGH 28.1.2003, 2000/14/0093).
Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, wie dies auch im gegenständlichen Beschwerdefall betreffend die Tochter der Bf. vorliegt, ist nach der (überwiegenden) Judikatur des UFS und des BFG als Vergleichsmaßstab regelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden (s zB UFS 2.4.2007, RV/0121-F/07; UFS 12.9.2007, RV/1780-W/07; UFS 17.11.2005, RV/1708-W/05; BFG 29.2.2016, RV/7105391/2014), wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt. In UFS 10.3.2009, RV/0133-S/09, wird der zeitliche Aufwand für ein Vollzeitstudium mit 20 bis 25 Wochenstunden zuzüglich Hausaufgaben beziffert.
Wie bereits das Finanzamt Österreich im Vorlagebericht ausgeführt hat, kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG) für den Lernaufwand, Hausübungen und Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden in etwa 40-50% der in Präsenz absolvierten Wochenstunden angesetzt werden.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts liegt demnach eine Berufsausbildung iSd FLAG - analog zum Besuch einer AHS und BHS - generell nur dann vor, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden anfällt. Das BFG nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben - insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden - an, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zu sprechen (s zB BFG 19.10.2017, RV/7102012/2016). Wenn bei einer 25 Wochenstunden umfassenden Schulausbildung die Hälfte der Unterrichtsgegenstände infolge Abwesenheit vom Unterricht nicht beurteilt wird, ist davon auszugehen, dass die Berufsausbildung nicht die überwiegende Zeit des Schülers in Anspruch genommen hat ( Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 FLAG Rz 39 ff).
Dabei ist aber zu beachten, dass der VwGH seine ständige Rsp, wonach die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe (FB) zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ist, auch auf die Berufsausbildung anwendet (VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089
Wie bereits das Finanzamt im Vorlagebericht angeführt hat, hat die Tochter der Bf. das nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts erforderliche Pensum an Zeiteinsatz von 30 Wochenstunden, selbst bei Hinzurechnung von 50 % der Präsenzzeiten für Hausaufgaben, Lernaufwand und Vorbereiten auf den Unterricht, bei weitem nicht erfüllt (s. oben im Vorlagebericht des Finanzamtes detaillierte Ausführungen dazu).
Die Tochter der Bf. hat den von der Rechtsprechung für eine Berufsausbildung an Schulen für Berufstätige erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Zeitaufwand für Hausaufgaben, Lernen sowie Vorbereiten auf den Unterricht, somit insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden im Rückforderungszeitraum, nicht erreicht. Da daher im hier maßgeblichen Zeitraum der Schulbesuch des Kindes einschließlich Zeiten für Lernen, Hausaufgaben sowie Vorbereiten auf den Unterricht in quantitativer Hinsicht nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen hat, lag keine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 idgF vor.
Darüber hinaus wird auf die ausführlichen Begründungen des Finanzamtes in der o.a. BVE sowie im Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hingewiesen, und diese Begründungen sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden (§ 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 idgF iVm § 26 Abs. 1 FLAG 1967 idgF).
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am 30. September 2025
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