Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom 27. April 2023 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 24. April 2023 betreffend Normverbrauchsabgabe 12/2018 sowie betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 1 - 12/2019, für die Zeiträume 1 - 12/2020, für die Zeiträume 1 - 12/2021 und für die Zeiträume 1 - 12/2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Der Vorlageantrag vom 25. Juli 2023 wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Aufgrund einer anonymen Anzeige wegen des Verdachtes der widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges im Inland wurde der Beschwerdeführer von Organen der Finanzpolizei am 11. Jänner 2023 niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass sein Hauptwohnsitz in ***2*** in Deutschland und sein Nebenwohnsitz bei seiner Lebensgefährtin in ***1*** in Österreich gelegen sei. Hauptberuflich sei er als Versicherungsmakler in Deutschland tätig.
Seit Dezember 2018 bis zumindest zum 31. August 2023 bezog der Beschwerdeführer in Österreich darüberhinaus durchgehend Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
In weiterer Folge hat die Abgabenbehörde am 24. April 2023 die in Beschwerde gezogenen Bescheide erlassen und begründend ausgeführt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers in Österreich in ***1*** gelegen sei und die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer unterblieben sei.
Die Zustellung dieser Bescheide erfolgte mit Zustellnachweis an die Wohnadresse in ***1*** als Abgabestelle gem. § 2 ZustG.
In der Beschwerde vom 27. April 2023 gegen die im Spruch angeführten Bescheide wurde vom Beschwerdeführer lediglich vorgebracht, dass die gewählte Zustelladresse der Abgabenbehörde in "keinem Zusammenhang mit der Grundlage einer Vorschreibung" stehe.
Die Beschwerde wurde von der Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 1. Juni 2023 in weiterer Folge als unbegründet abgewiesen.
Auch die Beschwerdevorentscheidung wurde wiederum an den Wohnsitz in ***1*** mittels RSb zugestellt und zugleich eine Zweitschrift an die Wohnsitzadresse in Deutschland versendet. Lt. elektronischem Zustellnachweis wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 1. Juni 2023 von der Abgabenbehörde am 5. Juni 2023 versendet und schließlich am 6. Juni 2023 gem. § 17 ZustG zur Abholung hinterlegt, wobei das Schriftstück bis zum Ende der Abholfrist am 27. Juni 2023 vom Beschwerdeführer nicht behoben wurde.
Am 26. Juli 2023 langte bei der Abgabenbehörde ein Vorlageantrag ein, in welchem lediglich vorgebracht wurde, dass "die Hauptwohnsitz-Anschrift" seit 2009 in Deutschland "besteht".
Gem. § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Die Bekanntgabe erfolgt gem. lit a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Gem. § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen.
Gemäß § 2 Z. 4 ZustellG ist "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;
Unter einer Wohnung im Sinn des § 2 Z 4 ZustG ist jede Räumlichkeit zu verstehen, die der Empfänger tatsächlich benützt, wo er also tatsächlich wohnt und von relativ kurzfristigen Ausnahmen (zB Urlaub, Geschäftsreise) abgesehen, dort tatsächlich aufhält (VwGH 05.11.1984, 84/10/0176,).
Ein "regelmäßiger Aufenthalt" an der Abgabestelle liegt dann vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen - auch periodischen - Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt (VwGH 22.02.2001, 2000/04/0170, 0171, VwGH 22.09.2017, Ra 2017/02/0085, VwGH 21.01.2019, Ra 2018/03/0125).
Der dazu erforderliche regelmäßige Aufenthalt des Empfängers in seiner Wohnung ist dabei nach objektiven Gesichtspunkten ex post und ohne Rücksicht darauf zu beurteilen, wie sich die Verhältnisse dem Zustellorgan seinerzeit subjektiv geboten haben sowie ohne Rücksicht auf die Absichten des Empfängers. Die Eigenschaft eines Ortes als Abgabestelle geht (erst) verloren, wenn die Nahebeziehung des Empfängers zu ihm auf Dauer oder doch für einen so langen Zeitraum erlischt, dass nach den Gepflogenheiten des Lebens das Warten auf eine Rückkehr in angemessener Zeit nicht zumutbar ist (VwGH 29.6.2010, 2006/18/0389; 19.02.2020, Ra 2019/12/0037; 22.12.2023, Ra 2023/18/0466).
Mehrere Abgabestellen stehen in keiner Rangordnung zueinander (VwGH 24.03.1998, 94/05/0242). Welche Abgabestelle die Abgabenbehörde wählt, liegt zwar in ihrem Ermessen, es ist aber jener Zustellort als Abgabestelle zu bezeichnen, von dem mit größerer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass dort die Zustellung bewirkt und das Schriftstück dem Empfänger am einfachsten und sichersten übergeben werden kann oder von dem zumindest mit größerer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass es der gewählte Zustellort dem Empfänger erlaubt, mit der erforderlichen Aufmerksamkeit von der Zustellung Kenntnis zu nehmen.
Eine Anfrage beim ehemaligen Arbeitgeber des Beschwerdeführers durch das Bundesfinanzgericht hat ergeben, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2023 durchgehend jedenfalls bis zum 31. August im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt war. Damit steht fest, dass sich der Beschwerdeführer grundsätzlich regelmäßig am Wohnort in ***1*** aufgehalten hat.
Da der Beschwerdeführer im Inland im Rahmen eines Dienstverhältnisses Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat und im Inland bei seiner Lebensgefährtin über einen Wohnsitz verfügt, hat die Abgabenbehörde nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes im Rahmen ihres Ermessens zurecht den inländischen Wohnsitz als Abgabestelle gewählt, da der ausländische Wohnsitz aufgrund der vorliegenden Distanz zum inländischen Wohnsitz (mit dem PKW rund drei Stunden Fahrzeit) vom Beschwerdeführer aufgrund des im Inland bestehenden ganztätigen Dienstverhältnisses nur in seiner dienstfreien Zeit aufgesucht werden konnte und damit die Zustellung mit der höchsten Wahrscheinlichkeit an der Adresse in ***1*** bewirkt werden konnte. Daran vermag auch das vom Beschwerdeführer gegenüber der Abgabenbehörde geäußerte Ansinnen, an seine deutsche Wohnanschrift zuzustellen, nichts zu ändern.
§ 17 ZustellG lautet wie folgt:
"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."
Voraussetzung für eine Hinterlegung ist, dass der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Hinterlegte Dokumente gelten gemäß § 17 Abs. 3 letzter Satz Zustellgesetz nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 25.06.2015, Ro 2014/07/0107, VwGH 18.09.2020, Ra 2019/08/0142).
Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung wurde mit Zustellnachweis verfügt. Das Schriftstück wurde nachweislich am 6. Juni 2023 gem. § 17 Abs. 1 ZustG hinterlegt, womit gem. § 17 Abs. 3 ZustG die Beschwerdevorentscheidung grundsätzlich mit diesem Tag als zugestellt gilt und als Beginn der einmonatigen Frist des § 264 Abs. 1 BAO angesehen werden kann.
In der Zeit der Zustellung hat sich der Beschwerdeführer jedoch nach Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers bis zum 16. Juni 2023 auf Urlaub befunden. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit von der Abgabestelle in ***1*** ortsabwesend war.
Gem. § 98 Abs. 2 BAO gilt die Zustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Die weitere Auskunftserteilung durch den ehemaligen Arbeitgeber hat aber zudem hervorgebracht, dass der Beschwerdeführer jedenfalls ab 19. Juni 2023 seine Tätigkeit als Busfahrer wieder ausgeübt hat und damit jedenfalls spätestens am 19. Juni 2023 an die Abgabestelle zurückgekehrt war. Damit gilt aber die Beschwerdevorentscheidung spätestens mit 20. Juni 2023 als zugestellt.
Gem. § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist ein nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageantrag zurückzuweisen.
Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Da die Beschwerdevorentscheidung wie voranstehend ausgeführt jedenfalls spätestens mit 20. Juni 2023 als zugestellt gilt, der Vorlageantrag vom Beschwerdeführer laut dem Erstellungsdatum am Vorlageantrag aber erst am 25. Juli 2023 verfasst wurde und auch erst am 26. Juli 2023 bei der Abgabenbehörde einlangte, wurde der Vorlageantrag verspätet eingebracht.
Da der Vorlageantrag verspätet eingebracht wurde, war dieser gem. § 264 BAO sohin als verspätet zurückzuweisen.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am 7. Mai 2025
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