Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Monika Fingernagel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 19. April 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 28. März 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer (Bf) hatte im Jahr 2022 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und bezog daneben Arbeitslosengeld.
Am 2.3.2023 erging erklärungsgemäß der Einkommensteuerbescheid 2022 (Arbeitnehmerveranlagung).
Nachdem nachträglich Lohnzettel an das Finanzamt gemeldet wurden, wurde das Verfahren mit Bescheid vom 28.3.2023 gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen und ein neuer Einkommensteuerbescheid 2022 (Arbeitnehmerveranlagung) mit selbem Datum erlassen. Im Zuge dessen wurde eine Hochrechnung bzw Kontrollrechnung nach § 3 Abs 2 EStG 1988 durchgeführt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 brachte der Bf mit Schriftsatz vom 19.4.2023 Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass das angegebene Einkommen nicht richtig sei. Das Arbeitslosengeld sei laut den gesetzlichen Bestimmungen steuerfrei und für die Berechnung der Einkommensteuer nicht heranzuziehen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 2.6.2023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und darin ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld grundsätzlich steuerfrei sei. Die Berücksichtigung der AMS-Bezüge ergebe sich durch die Kontroll- bzw Hochrechnung. In diesem Fall sei die Kontrollrechnung angewendet worden, da diese für den Bf die günstigere Variante darstelle.
Dagegen brachte der Bf mit Schriftsatz vom 13.6.2023 einen Vorlageantrag ein und führte begründend aus, dass es dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, wenn bei ganzjährigem Arbeitslosengeldbezug das Arbeitslosengeld steuerfrei sei, bei nur teilweisem Bezug hingegen Steuerpflicht bestünde.
Mit Vorlagebericht vom 10.11.2023 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am 31.10.2023 übermittelte das Finanzamt dem Bf die Berechnung der Hoch- und Kontrollrechnung für den Einkommensteuerbescheid 2022.
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Bf bezog im Jahr 2022 von 1.1. bis 18.2. und von 7.3. bis 4.11. (Dienstgeber: ***1***) sowie von 22.1 bis 14.2. und von 15.2. bis 18.2. (***2***) lohnsteuerpflichtige Einkünfte bzw Leistungen in Höhe von insgesamt 18.185,11 Euro (292 Tage).
An insgesamt 55 Tagen (7.11. bis 31.12.2022) bezog er Arbeitslosengeld idHv 1.889,25 Euro.
Die Hochrechnung nach § 3 Abs 2 EStG 1988 ergibt Folgendes:
| Tage | Euro | |
| Steuerpflichtige Bezüge (1.1.-18.2. und 7.3.-4.11.): | 292 | 18.185,11 |
| Steuerpflichtige Bezüge geteilt durch 292 mal 365 | 22.731,39 |
Die Kontrollrechnung ergibt:
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 3 Abs 2 EStG 1988 sind, wenn der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge wie das Arbeitslosengeld im Sinne des Abs 1 Z 5 lit a nur für einen Teil des Kalenderjahres erhält, die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1-3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.
Unterjährig bezogene Einkünfte werden grundsätzlich nach dem Grundsatz der Periodenbesteuerung ( § 2 Abs 1 EStG 1988, "der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat") nicht auf ein Jahreseinkommen hochgerechnet (§ 39 Abs 2 EStG 1988). Angewandt wird jeweils der jährliche Tarif.
Ausnahmsweise erfahren jedoch betriebliche Einkünfte und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Durchführung der Veranlagung eine gesonderte Hochrechnung nach § 3 Abs 2 EStG 1988 für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes, wenn der Steuerpflichtige bestimmte steuerfreie Bezüge erhält (vgl Jakom/Ehgartner EStG18, § 2 Rz 6).
Mit Erkenntnis vom 20.7.1999, 94/13/0024, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP) ausgeführt, dass § 3 Abs 2 EStG 1988 den Zweck hat, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat. Da nämlich bei Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung eine gleichmäßige Verteilung der Einkünfte auf sämtliche Monate des Kalenderjahres erfolgt und der so ermittelte "Monatslohn" für die Steuerermittlung maßgebend ist, wird dieser fiktive Monatslohn entsprechend geringer, wenn in die Verteilung Zeiträume einbezogen werden, in denen keine Arbeitseinkünfte bezogen wurden. Solche Zeiträume sollen durch die Hochrechnung neutralisiert werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28.6.1990, G 71/90, die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Einkommensteuergesetzes 1972 bereits ausgesprochen (vgl dazu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Rz 28/3; Büsser/Ehrke-Rabel/Hirschler/Petritz/Sutter, EStG Kommentar 68, § 3 Rz 36, sowie VwGH 20.7.1999, 94/13/0024). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt somit nicht vor.
Der Bf hat im Jahr 2022 unstrittig steuerfreie Bezüge (Arbeitslosengeld) im Sinne des § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres (7.11. bis 31.12.2022) bezogen.
Daher sind gemäß § 3 Abs 2 EStG 1988 die für das restliche Kalenderjahr bezogenen zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (siehe Hochrechnung) für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Jahr hochzurechnen.
Der laut Hochrechnung ermittelte Betrag (Gutschrift von 96,58 Euro) wurde jener gegenübergestellt, der sich bei einer Vollbesteuerung der Transferleistungen (Arbeitslosengeld) als steuerpflichtiger Arbeitslohn ergibt (Kontrollrechnung). Da diese Variante ein für den Steuerpflichtigen günstigeres Ergebnis erbracht hat, nämlich eine Gutschrift von 601,12 Euro, wurde sie bescheidmäßig festgesetzt.
Die vom Finanzamt vorgenommene Hochrechnung sowie die Kontrollrechnung entsprechen nach Ansicht des BFG zweifelsfrei dem Gesetz. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall handelt es sich um keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt bzw. die Rechtsfolgen sich außerdem unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergeben.
Linz, am 14. August 2025
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