Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 22. Dezember 2017 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 5. Dezember 2017 betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für Oktober 2014 (36.396,86 €) und Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 10 - 12/2014 (787,31 €), 01 - 12/2015 (4.723,88 €), 01 - 12/2016 (4.723,88 €) und 01 - 09/2017 (3.542,91 €), zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
1. Mit Verständigungen gem. § 82 Abs. 9 KFG 1967 wurde durch die Landespolizeidirektion Tirol an die Finanzpolizei mitgeteilt, dass im Zuge von Kontrollen festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann und ebenso deren gemeinsame Tochter mit Hauptwohnsitz in Österreich wohnhaft sei. Die Beschwerdeführerin in Deutschland (U) ein Restaurant führe und neben der Beschwerdeführerin sowohl deren Gatte als auch die gemeinsame Tochter in diesem Unternehmen mitarbeiten würden. Alle drei Personen würden PKWs nutzen, eine welche jeweils vom Einzelunternehmen der Beschwerdeführerin von einem deutschen Unternehmen geleast worden seien und auch betrieblich genutzt würden, für die aber keine Fahrtenbücher geführt würden. Die Fahrzeuge seien in Deutschland zum Verkehr zugelassen worden und würden in Deutschland auch die darauf entfallenden Abgaben entrichtet.
2. Bei einer Einvernahme durch die Finanzpolizei gab die Beschwerdeführerin an, dass sie seit dem Jahr 2005 ein Restaurant in Deutschland im Rahmen eines Einzelunternehmens betreibe, welches täglich an rund 330 Tagen im Jahr geöffnet sei. Ihre Tochter arbeite als Restaurantleiterin im Rahmen eines Dienstverhältnisses an 6 Tagen pro Woche mit. Die Beschwerdeführerin und ihr Gatte seien an 7 Tagen pro Woche täglich ca. 10 -12 Stunden im Betrieb tätig. Ihr Mann übe mit ihr gemeinsam die Geschäftsführung aus. Es würden weder in Österreich noch Deutschland soziale "Anknüpfungspunkte" (Mitgliedschaft bei Vereinen oder Ehrenämter) bestehen, da hiefür neben der beruflichen Tätigkeit keine Zeit verbleibe.
Am Wohnsitz in Österreich würden die Beschwerdeführerin und ihr Gatte über ein Einfamilienhaus verfügen. Weiters besitze ihr Gatte in P, Straße, eine Eigentumswohnung, in welcher die Tochter, welche ledig sei und keine Kinder habe, ihren Wohnsitz habe.
Die streitgegenständlichen Fahrzeuge seien in Deutschland zugelassen worden, da sich ihr Leben zu rund 90 % in Deutschland "abspiele". Der Mittelpunkt der Lebensinteressen sowie der zeitlich überwiegende Aufenthalt sei aufgrund des Betriebes in Deutschland gelegen. Freie Tage gäbe es bei ihr und ihrem Mann praktisch nicht. Die Urlaube würden im Ausland verbracht oder für Renovierungsarbeiten im Betrieb genutzt. Mit den Fahrzeugen würde täglich vom Wohnsitz zum Betriebsstandort und abends wieder zurückgefahren.
Betreffend des in der Verständigung der Landespolizeidirektion genannten KFZ der Marke B Y mit dem Kennzeichen (D) X gab sie an, dass dieses Fahrzeug ebenso auf das Einzelunternehmen der Beschwerdeführerin im Oktober 2014 geleast und zugelassen worden sei. Das Fahrzeug sei am Tag der Zulassung nach Österreich verbracht worden und werde überwiegend von ihrem Gatten verwendet. Die Beschwerdeführerin fahre nur ab und zu mit dem KFZ. Es werde für die Fahrten vom Wohnort in Österreich zum Betrieb in Deutschland und retour sowie für betrieblich Fahrten oder Arztbesuche innerhalb Deutschlands verwendet. Eine schriftliche Vereinbarung betreffend die Nutzung des KFZ durch ihren Gatten gäbe es nicht. Es werde ca. zu 90% in Deutschland zu ca. 10% in Österreich verwendet. Ein Fahrtenbuch werde nicht geführt. Sämtliche Kosten, wie Versicherung, Service, Reparaturen und Treibstoff würden von der Firma der Beschwerdeführerin getragen.
3. Mit Bescheiden vom 5. Dezember 2017 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin für den PKW der Marke B Z mit dem polizeilichen Kennzeichen X, welches vom Gatten der Beschwerdeführerin genutzt wurde, Normverbrauchsabgabe für Oktober 2014 (36.396,86 €) und Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 10 - 12/2014 (787,31 €), 01 - 12/2015 (4.723,88 €), 01 - 12/2016 (4.723,88 €) und 01 - 09/2017 (3.542,91 €) vor.
Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 82 Abs. 8 KFG Kraftfahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland nach Österreich eingebracht oder im Inland verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen sind (Standortvermutung). Da keine zweckdienlichen Unterlagen vorgelegt worden seien, sei somit aufgrund der Standortvermutung davon auszugehen, dass das gegenständliche KFZ seinen dauernden Standort in Österreich hätte und die Abgabenschuld daher infolge widerrechtlicher Verwendung entstanden sei.
4. Gegen diese Bescheide erhob der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass alle Fahrzeuge überwiegend (zu mehr als 80 %) im Ausland (Deutschland = Betriebsstandort) verwendet würden bzw. worden seien und es daher an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer und auch der Normverbrauchsabgabe fehle.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Juli 2018 wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass in Würdigung der nunmehr vorliegenden Unterlagen das Finanzamt weiterhin davon ausgehe, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ab der Anschaffung ihren dauernden Standort im Inland gehabt hätte, zumal kein Fahrtenbuch geführt worden sei. Der Gegenbeweis im Sinne der gesetzlichen Vorschriften sei nicht erbracht worden. Es wäre Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, die gesetzliche Standortvermutung im Inland zu widerlegen. Die Beschwerdeführerin treffe dabei auf Grund des behaupteten Auslandsbezuges eine erhöhte Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflicht. Eine bloße Glaubhaftmachung der überwiegenden Verwendung im Ausland, wie es von der Beschwerdeführerin geschildert werde, sei nicht ausreichend.
6. Mit Schreiben vom 12. Juli 2018 wurde vom steuerlichen Vertreter der Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht gestellt.
7. Am 21. August 2025 fand ein Erörterungstermin statt.
1. Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und verfügt gemeinsam mit ihrem Gatten über einen Wohnsitz in Österreich, in O, Weg.
2. Die Tochter der Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und verfügt ebenfalls über einen Wohnsitz in Österreich, in P, Straße.
3. Die Beschwerdeführerin hat im Streitzeitraum in Deutschland, in U, einen Gastronomiebetrieb mit den Öffnungszeiten von Montag bis Sonntag, jeweils von 09:00 - 21:00 Uhr, jeweils an rund 330 Tagen im Jahr, betrieben. Der Gatte der Beschwerdeführerin arbeitete ebenso wie die gemeinsame Tochter im Betrieb mit. Die Beschwerdeführerin und ihr Gatte waren an 7 Tagen in der Woche rund 10 bis 12 Stunden, die Tochter an 6 Tagen in der Woche im Betrieb tätig.
4. Das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke B Z mit dem polizeilichen Kennzeichen X, welches vom Gatten der Beschwerdeführerin genutzt wurde, wurde auf das Einzelunternehmen der Beschwerdeführerin in Deutschland zugelassen und nahezu ausschließlich vom Gatten der Beschwerdeführerin genutzt.
Bei diesem Fahrzeug handelte es sich laut dem vorgelegten Leasingvertrag um ein vom deutschen Einzelunternehmen der Beschwerdeführerin geleastes Fahrzeug. Die Wartungs- und Reparaturarbeiten wurden lt. den vorgelegten Rechnungen ausschließlich bei einem deutschen Unternehmen durchgeführt.
Dieses Fahrzeug wurden jeweils für die Fahrten vom Wohnort zum Betriebsstandort und retour verwendet. Die einfache Fahrtstrecke zwischen dem Wohnort in Österreich und dem Betriebsstandort in Deutschland betrug je nach Route rund 15 bis 17 Kilometer. Auf die Fahrtstrecke vom Wohnort in Österreich bis zur Staatsgrenze entfielen rund 8 Kilometer. Auf die Fahrtstrecke von der Staatsgrenze zum Betriebsstandort in Deutschland entfielen rund 7 bzw 9 Kilometer (vgl. Routenplaner Google Maps). Damit hat der Gatte der Beschwerdeführerin rund 60 % der auf diese Strecke entfallenden Kilometer auf österreichischen Straßen zurückgelegt.
Darüberhinaus wurde das Fahrzeug vom Gatten der Beschwerdeführerin aber nahezu ausschließlich in Deutschland für Fahrten zum Friseur, ins Fitnesscenter, zur Erledigung privater sowie betrieblicher Besorgungen, zum Steuerberater, zur Reparaturwerkstätte, zur Bank sowie für mehrere Fahrten nach Frankfurt zu einer Reiseagentur, mit der das Unternehmen der Beschwerdeführerin in geschäftlicher Verbindung stand, sowie für Fahrten nach München für ärztliche Behandlungen bzw. zum Flughaften verwendet. In Österreich wurde mit Ausnahme der Fahrten vom Wohnsitz zum Betriebsstandort und retour nahezu nicht gefahren. Das Fahrzeug wurde vom Gatten der Beschwerdeführerin zumindest überwiegend in Deutschland verwendet.
Der Sachverhalt ergibt sich aus den angeführten Beweismitteln bzw. aus den konkreten un durchaus glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen des Erörterungstermines betreffend die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeuges durch den Gatten der Beschwerdeführerin. Dass das Fahrzeug zumindest überwiegend in Deutschland verwendet wurde, lässt sich darüberhinaus auch aus dem Umstand ableiten, dass der Gatte der Beschwerdeführerin an rund 330 Tagen im Jahr jeweils ca. 10 bis 12 Stunden am Tag im Betrieb in Deutschland tätig war, sodass schon aus zeitlichen Gründen kein Raum für Fahrten am Wohnsitz in Österreich verblieb.
1. Gemäß § 1 Z 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 (NoVAG) in der anzuwendenden Fassung unterliegt der Normverbrauchsabgabe (NoVA) die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach § 1 Z 1 oder Z 2 leg. cit. eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a leg. cit. erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt ua. auch die Verwendung eines Fahrzeugs im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der NoVA erbracht.
Bei Verwendung eines Fahrzeugs im Inland, das nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, entsteht die Steuerschuld gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG) in der anzuwendenden Fassung unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).
Bei widerrechtlicher Verwendung eines Kraftfahrzeugs gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG dauert die Steuerpflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 leg. cit. vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung endet.
Gemäß § 79 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) in der anzuwendenden Fassung ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 leg. cit. eingehalten werden.
Gemäß § 82 Abs. 8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 leg. cit. ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.
Nach § 82 Abs. 8 erster Satz KFG ist gegen die darin vorgesehene Vermutung ausdrücklich der Gegenbeweis zulässig ("bis zum Gegenbeweis"). Damit handelt es sich um eine widerlegliche Rechtsvermutung, die der von ihr betroffenen Person die Möglichkeit einräumt, den Gegenbeweis zu erbringen, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort tatsächlich nicht im Inland hat. Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat diese Person dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein solches mit dauerndem inländischen Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (vgl. VwGH 30.1.2020, Ra 2019/16/0215).
2. Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG ist nach der ständigen Rechtsprechung (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird, wobei es keinen Unterschied macht, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird (vgl. VwGH 27.09.2023, Ra 2022/15/0040, mwN). Wird das Fahrzeug bloß überwiegend im Ausland verwendet, ist der Gegenbeweis jedenfalls dann gelungen, wenn das Fahrzeug in einer Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden kann (vgl. VwGH 19.12.2023, Ra 2022/15/0055, mwN).
3. Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin den gewerberechtlichen Standort ihres Gastronomiebetriebes in Deutschland hatte und von dort aus auch ihr Unternehmen betreibt. Das gegenständliche Fahrzeug der Marke B Z mit dem polizeilichen Kennzeichen X, welches vom Gatten der Beschwerdeführerin genutzt wurde, befand sich im Betriebsvermögen des deutschen Unternehmens der Beschwerdeführerin und wurden die Wartungs- und Reparaturarbeiten ausschließlich in Deutschland durchgeführt. Der Gatte der Beschwerdeführerin hat mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug - nunmehr zwischen den Parteien unstrittig - zumindest die überwiegende Anzahl an Kilometern in Deutschland zurückgelegt. Der Gegenbeweis gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist sohin als erbracht anzusehen, zumal das Fahrzeug dem Betriebsstandort in Deutschland zugeordnet werden kann. Der Beschwerde war daher Folge zu geben. Die angefochtenen Bescheide waren aufzuheben.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall waren in erster Linie Sachverhaltsfragen strittig. Die Rechtslage ist durch die oben (Punkt IV.2.) zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten sich daher nicht.
Innsbruck, am 30. September 2025
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