Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Gosteco Goworek Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Consulting GmbH, Zieglergasse 27/2/9, 1070 Wien, über die Beschwerde vom 28.08.2015 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, vom 22. Juni 2015 betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2011 - 2013, Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31. Jänner 2025 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird als teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass die C- GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführer (Bf.) ist, Zahlungen an diverse nicht operativ tätige Subunternehmer dazu verwendete, um einen Aufwand zu generieren. Der Bf. ist deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer.
Aufgrund der Feststellungen, dass es sich bei vier Subunternehmen betreffenden Rechnungen um Deckungsrechnungen handelt und daraus resultierend die Kürzung des damit in Zusammenhang stehenden Aufwandes um 50%, weil die Leistung nicht durch die jeweiligen ausgewiesenen Subunternehmer erbracht worden ist, wurde bei dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer, dem Bf., 50% des Aufwandes als verdeckte Ausschüttung mit Kapitalertragsteuer iHv 25% besteuert.
Entsprechend diesen Feststellungen wurde mit Festsetzungsbescheid vom 22.6.2015 für verdeckte Ausschüttungen in Höhe von 1.256,15 € für das Jahr 2011, in Höhe von 17.980,50 € für das Jahr 2012 und in Höhe von 3.765,81 € für das Jahr 2013, insgesamt somit 23.002,46 € dem Bf. Kapitalertragsteuer vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. nach erfolgter Fristverlängerung innerhalb offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die inhaltlich wortgleich mit den Ausführungen der Beschwerde der C- GmbH gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2011 - 2013 war. In dieser brachte der Bf. im Wesentlichen vor, dass sämtliche Subunternehmen sehr wohl Bauleistungen erbracht hätten und dass die branchenüblichen Sorgfaltspflichten seitens der C- GmbH eingehalten worden seien.
In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011 - 2013 beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.1.2017 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wurden die Feststellungen der Außenprüfung bei der C- GmbH der Begründung zugrunde gelegt.
Ergänzend wurde hinsichtlich der Direktvorschreibung an den Alleingesellschafter ausgeführt, dass in der Bilanz der C- GmbH zum 31.12.2013 ein Bilanzverlust von 471.331,29 € ausgewiesen sei. Das Eigenkapital betrage -511.213,93 €. Der Bf. sei Geschäftsführer und zu 100% Gesellschafter der C- GmbH. Daher sei zu vermuten, dass ihm sämtliche Vorteile aus der C- GmbH zugeflossen sind. Im Jahr 2013 habe der Bf. überdies Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 40.473,41 € erklärt, welche erklärungsgemäß veranlagt wurden. Aus diesen Gründen sei von einer Einbringlichkeit der KESt bei dem Bf. ausgegangen worden. Daher sei im Ermessenswege gemäß § 20 BAO die KESt dem Bf. vorgeschrieben worden.
Der Bf. stellte fristgerecht einen Vorlageantrag und beantragte den Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Bezüglich der vor dem Bundesfinanzgericht abgehaltenen mündlichen Verhandlung am 31.01.2025 wird auf RV/7103536/2017 verwiesen.
Mit Erkenntnis vom heutigen Tage zu GZ RV/7103536/2017 hat das BFG erkannt, dass es in Zusammenhang mit den so genannten "Deckungsrechnungen" bei der C- GmbH beim Bf. zu verdeckten Ausschüttungen gekommen ist.
Anders als das Finanzamt ist das BFG von den tatsächlich überwiesenen Beträgen laut vorliegenden Rechnungen ausgegangen, wodurch es zu Abweichungen zu den vom Finanzamt festgestellten Beträgen gekommen ist.
Der Bf. war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Alleingesellschafter und Geschäftsführer der C- GmbH.
Im Rahmen der Außenprüfung wurde im Wesentlichen festgestellt, dass es sich bei den von vier Subunternehmen gelegten Rechnungen um Deckungsrechnungen handelt, weil diese Subunternehmen nicht die tatsächlichen Leistungserbringer waren. Es wurden von den als Fremdleistungen beantragten Aufwendungen aufgrund von Erfahrungswerten 50% als Betriebsausgaben anerkannt.
Dem Alleingesellschafter war bewusst, dass das Vermögen der C- GmbH durch die erhöhten Zahlungen vermindert wurde.
Die anderen 50% wurden dem Alleingesellschafter der C- GmbH, dem Bf., als verdeckte Ausschüttungen zugerechnet.
Das Eigenkapital der C- GmbH war im Jahr 2011 mit einem Betrag von 546.182,16 €, im Jahr 2012 mit einem Betrag von 305.818,01 € und im Jahr 2013 mit einem Betrag von 511.213,93 € immer negativ.
Im vorliegenden Fall verweist das Bundesfinanzgericht auf die Darlegung und Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht und der dort vorgelegten Unterlagen, sowie auf den festgestellten Sachverhalt und die Beweiswürdigung im Rechtsmittelverfahren der C- GmbH zu GZ. RV/7103536/2017.
Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen
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}Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine ausdrücklich auf Vorteilsgewährung gerichtet Willensentscheidung (Wissen und Wollen) der Körperschaft. Dabei kann sich die Absicht der Vorteilsgewährung auch schlüssig aus den jeweiligen Umständen ergeben. Daher liegt sie auch dann vor, wenn die Körperschaft Kenntnis von einem zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteil erlangt und nichts unternimmt, um diesen rückgängig zu machen (zB VwGH 10.12.1985, 85/14/0080; VwGH 03.08.2000, 96/15/0159; VwGH 31.05.2005, 2000/15/0059). Im gegenständlichen Fall war dem Alleingesellschafter bewusst, dass das Vermögen der C- GmbH durch die erhöhten Zahlungen vermindert wurde; dennoch wurde die Vermögensminderung nicht rückgängig gemacht. Dadurch wurden sowohl das objektive als auch das subjektive Tatbild der verdeckten Ausschüttung erfüllt.
Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 iddgF wird die Einkommensteuer bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer). Inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EstG 1988 bei Einkünften aus Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2), wenn sich die inländische Stelle im Inland befindet, vor. Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören auch Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Darunter fallen auch verdeckte Ausschüttungen.
Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit a EStG 1988 iddgF ist bei inländischen Kapitalerträgen der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 iddgF ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder
2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
Es gilt somit, dass die Kapitalertragsteuer grundsätzlich vom Schuldner der Kapitalerträge (also von der ausschüttenden Gesellschaft) abzuführen und bei Verstoß gegen die Abfuhrpflicht ein Haftungsbescheid an den Abfuhrpflichtigen zu erlassen ist. Nur "ausnahmsweise" wird der Empfänger der Kapitalerträge in Anspruch genommen. Sind die Voraussetzungen des § 95 Abs. 4 EStG 1988 erfüllt, liegt es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob sie die Haftung des Schuldners der Kapitalerträge (also der ausschüttenden Gesellschaft) geltend macht oder den Steuerschuldner unmittelbar in Anspruch nimmt.
Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die KESt dann ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge eben nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach § 95 Abs. 1 EStG 1988 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre. Abgestellt wird hier auf rein objektive Momente, Voraussetzung ist lediglich, dass die KESt nicht vorschriftsmäßig abgeführt wurde.
Da der Besteuerungstatbestand der verdeckten Ausschüttung - wie im Erkenntnis zur Beschwerde der ausschüttenden Gesellschaft, der C- GmbH, RV/7103536/2017 dargestellt - verwirklicht wurde und auch von der diesbezüglichen Zuordnung von verdeckten Ausschüttungen zu Gunsten des Bf. in dem im Erkenntnis angenommenen Maß auszugehen war, war dem Bf. als Empfänger dieser Kapitalerträge für diesen Zeitraum Kapitalertragsteuer vorzuschreiben.
Da die Voraussetzungen - die C- GmbH hat die Kapitalerträge an den Bf. nicht vorschriftsmäßig gekürzt - für eine direkte Inanspruchnahme des Steuerschuldners (Empfänger der Kapitalerträge) vorlagen, stand es im Ermessen des Finanzamtes, die Kapitalertragsteuer dem Empfänger oder der zum Abzug verpflichteten Gesellschaft vorzuschreiben.
Die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles, abstellend auf die Vermögensverhältnisse von Gesellschaft und Gesellschafter.
Unter Billigkeit ist die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei zu verstehen. Unter Zweckmäßigkeit ist das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie, zu verstehen. (Ritz, BAO, § 20 Tz 7)
Das Finanzamt begründete sein Ermessen mit dem Umstand, dass aufgrund der mangelnden Liquidität die Einbringung bei der C- GmbH gefährdet sei. Die C- GmbH erklärte in der Bilanz zum 31.12.2013 einen Bilanzverlust von 471.331,29 €, das Eigenkapital war in den verfahrensgegenständlichen Jahren ebenfalls negativ.
Aufgrund der Gefährdung der Einbringung bei der C- GmbH wurde im Rahmen des Ermessens die Kapitalertragsteuer direkt dem Empfänger der Kapitalerträge, in diesem Fall dem Bf., vorgeschrieben.
Sohin war die Direktvorschreibung beim Bf. zweckmäßig und rechtens.
Zudem wurden vom Bf. keine Einwendungen gegen die Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer bzw gegen die Ermessensübung der Abgabenbehörde erhoben.
Berechnung und Festsetzung:
| Subunternehmen | 2011 | 2012 | 2013 |
| M1- GmbH | - | 34.197,10 € | - |
| M2- GmbH | - | 38.958,15 € | - |
| M3- GmbH | - | 52.890,72 € | 25.714,95 € |
| U- GmbH | 7.178,00 € | - | - |
| Summe | 7.178,00 € | 126.045,97 € | 25.714,95 € |
| - 50% Aufwandsschätzung | 3.589,00 € | 63.022,99 € | 12.857,47 € |
| + nicht abzugsfähige Vorsteuer iHv 50% | 1.435,00 € | ||
| Verdeckte Ausschüttung | 5.024,00 € | 63.022,99 € | 12.857,47 € |
| Kapitalertragsteuer iHv 25% | 1.256,00 € |
Dem Bf. wird gemäß § 95 EStG 1988 die Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt 20.226,10 € für den Zeitraum 2011 - 2013 direkt vorgeschrieben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
In der gegenständlichen Entscheidung waren in erster Linie Sachverhaltsfragen zu beurteilen. Die zu lösenden Rechtsfragen folgen der höchstgerichtlichen Judikatur beziehungsweise ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz, sodass mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Revision spruchgemäß nicht zuzulassen war.
Wien, am 16. Mai 2025
| 3.214,36 € |
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