Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 26. März 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 6. März 2025 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Der Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2024 wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit elektronisch am 17. Februar 2025 eingebrachter Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2024 begehrte die Beschwerdeführerin unter anderem den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Kindermehrbetrag.
Im Einkommensteuerbescheid 2024 vom 06. März 2025 wurde der Alleinerzieherabsetzbetrag und Kindermehrbetrag nicht berücksichtigt.
Die Beschwerdeführerin erhob elektronisch am 26. März 2025 Beschwerde und führte aus, dass sie vom Vater der Kinder im ganzen Kalenderjahr 2024 getrennt gelebt hätte und die Abmeldung von der gemeinsamen Adresse erst im August 2024 erfolgt sei. Beigelegt wurde eine Bestätigung des Ehemannes.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24. April 2025 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 6. März 2025 als unbegründet abgewiesen.
Am 20. Mai 2025 stellte die Beschwerdeführerin elektronisch einen Vorlageantrag und bat, da die tatsächlichen Verhältnisse anders als die Meldedaten gewesen seien, um Überprüfung. Beigelegt wurde eine Zeugenliste, die die Wohnverhältnisse im Jahr 2024 bezeugen könnten.
Aufgrund des Vorlageantrages wurde an die Beschwerdeführerin am 4. August 2025 ein Ersuchen um Ergänzung durch das Finanzamt gestellt und um Darlegung der Wohnsituation im Jahr 2024 gebeten.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 12. August 2025 gab die Beschwerdeführerin an, dass der Ehemann im Kalenderjahr 2024 weder teilweise noch durchgehend an der Wohnadresse gewohnt habe. Er habe für den Sohn Name Kindesunterhalt bezahlt und sie befinde sich auch mit einer anderen Person in keiner Lebensgemeinschaft.
Im Rahmen des Vorlageberichtes begehrte das Finanzamt den Alleinerzieherabsetzbetrag anzuerkennen, den Kindermehrbetrag aufgrund der zu hohen Tarifsteuer jedoch nicht.
Nach Aufforderung des Gerichtes gab die Beschwerdeführerin nochmals an, dass sie im Jahr 2024 weder in einer Wohn-, Wirtschafts- noch in einer Geschlechtsgemeinschaft mit ihrem Nochehemann gelebt hat und stellte detailliert die Umstände der Trennung sowie der Unterhaltszahlungen für die zwei Kindern dar. Inzwischen habe auch der erste Scheidungstermin stattgefunden.
Die Beschwerdeführerin, wohnhaft an der Adresse Ort, ist Mutter von Name 1, geboren im Jahr 2000, von Name 3, geboren im Jahr 2004 und von Name, geboren im Jahr 2011. Im Jahr 2024 bezog sie für Name 1 von Jänner bis Juli, für Name 3 von Jänner bis Oktober und für Name das ganze Jahr Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag (siehe Bestätigung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 5. November 2024).
Sie ist verheiratet, lebte aber im gesamten Jahr 2024 getrennt von ihrem Ehemann Name 2. Die Abmeldung des Ehemannes aus der gemeinsamen Wohnung erfolgte mit 14. August 2024 (siehe Auszug aus der Jahresveranlagung Privat und Angaben der Beschwerdeführerin).
Weiters bezog die Beschwerdeführerin das ganze Jahr 2024 durchgehend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einkommensteuer im Jahr 2024 betrug vor Abzug der Absetzbeträge 3.385,11 Euro (siehe Einkommensteuerbescheid 2024 vom 6. März 2025).
Das Gericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Im Abgabenverfahren genügt es, als Ergebnis der freien Beweiswürdigung von mehreren Möglichkeiten, wenn keine von ihnen die Gewissheit für sich hat, jene als erwiesen anzunehmen, der die überwiegende Wahrscheinlichkeit zukommt, auch wenn sie nicht unzweifelhaft erwiesen ist (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 167, Anm 10, Stand 15.4.2018, rdb.at). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar Gewissheit für sich hat und allen anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. beispielweise VwGH 23.09.2010, 2010/15/0078 und 28.10.2010, 2006/15/0301). Eine Tatsache kann in freier Beweiswürdigung bereits als erwiesen angenommen werden, wenn sie von allen in Betracht kommenden Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat (VwGH 14.11.1990, 86/13/0059).
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den elektronisch vorgelegten Aktenteilen, der Jahresveranlagung Privat und der Familienbeihilfedatenbank. In diesem Zusammenhang ist auf die jeweils in Klammer angeführten Beweismittel hinzuweisen, die unbedenklich sind.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2024 getrennt von ihrem Ehemann und somit ohne Partner gelebt hat, ergibt sich aus ihren Angaben samt den übermittelten Unterlagen. Die Beschwerdeführerin schilderte die Abläufe der Trennung glaubwürdig und dem Gericht erscheint dies lebensnah und nachvollziehbar. Weiters werden die Angaben durch den Ehemann bestätigt. Ebenso hat die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht angeführt, dass auch nach ihrer Ansicht im Jahr 2024 tatsächlich keine Gemeinschaft mehr bestanden hätte und die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages begehrt. Im Ergebnis ist das Gericht davon überzeug, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2024 getrennt von ihrem Ehemann und nicht in einer Gemeinschaft mit einem Partner gelebt hat.
Alleinerzieherabsetzbetrag
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 113/2024) steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 572 Euro, bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 774 Euro. Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 255 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
Laut § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag zusteht.
(Ehe)Partner ist nach § 106 Abs. 3 EStG 1988 eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem Ehe(Partner) ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes EPG eingetragen ist.
Der Gesetzgeber knüpft somit die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages an das Zustehen des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr und daran, dass der Steuerpflichtige nicht in einer Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft leben darf.
Die Beschwerdeführerin bezog für drei Kinder mehr als sechs Monate den Kinderabsetzbetrag.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben verheiratete Personen nur dann Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag, wenn sie von ihrem Ehegatten dauernd getrennt leben. Eine aufrechte Ehe spricht grundsätzlich gegen eine dauernd getrennte Lebensführung; es ist den Ehegatten allerdings möglich, diese Vermutung zu widerlegen (VwGH 21.12.1992, 89/13/0135). Mehrere Wohnsitze bewirken keine dauernde Trennung. Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal, nicht dauernd getrennt zu leben, ist nicht die Anzahl der Wohnsitze oder die polizeiliche Meldung, sondern ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob der Steuerpflichtige, der den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt oder nicht (VwGH 22.10.1997, 95/13/0161).
Die Beschwerdeführerin lebte im gesamten Jahr 2024 getrennt von ihrem Ehemann und nicht in einer Gemeinschaft mit einem Partner.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag für drei Kinder steht der Beschwerdeführerin daher zu.
Kindermehrbetrag
§ 33 Abs. 7 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 144/2024) lautet wie folgt:"Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die- zumindest an 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielen, oder- im gesamten Kalenderjahr nur Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen haben, nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 700 Euro, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:Die Differenz zwischen 700 Euro und der Einkommensteuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten, wenna) der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht oderb) sich auch beim (Ehe)Partner gemäß § 106 Abs. 3, der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielt, eine Einkommensteuer nach Abs. 1 unter 700 Euro ergibt; in diesem Fall hat nur der Familienbeihilfeberechtigte Anspruch auf den Kindermehrbetrag.Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 700 Euro."
Bei der Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG handelt es sich um die Steuer vor Abzug der Absetzbeträge.
Im gegenständlichen Fall stand der Beschwerdeführerin der Alleinerzieherabsetzbetrag zu und sie bezog zumindest an 30 Tage steuerpflichtige Einkünfte. Aufgrund ihrer drei Kinder (§ 106 Abs. 1 EStG) würde für die Beschwerdeführerin bei einer Einkommensteuer unter 2.100,00 Euro ein Kindermehrbetrag zustehen. Da jedoch die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin im Jahr 2024 3.385,11 Euro betrug, kann der Kindermehrbetrag nicht berücksichtigt werden.
Betreffend den Mehrkindzuschlag wird die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren nicht dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wurde, sondern mit Bescheid über den Mehrkindzuschlag (Beschwerdevorentscheidung) vom 8. September 2025 stattgebend erledigt wurde.
Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision wird nicht zugelassen, da es im gegenständlichen Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die zu lösenden Rechtsfragen sind aus den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen lösbar.
Innsbruck, am 19. September 2025
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