Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz - Erwachsenenvertretung, Bewohnervertretung, Wiener Straße 65 Stiege 2 Top 8, 3300 Amstetten, über die Beschwerde vom 16. Juli 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 26. Juni 2024 betreffend die Abweisung der Anträge vom 24. April 2024 auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe ab April 2019, Sozialversicherungsnummer ***SVNr***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer (Bf), geb. ***2***, beantragte durch seinen Erwachsenenvertreter, den NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz - Geschäftsstelle Amstetten, 3300 Amstetten, Wiener Straße 65/2/8, dieser vertreten durch die Erwachsenenvertreterin ***EV***, am 24.04.2024 mittels den Formularen Beih 100-PDF und Beih 3-PDF die Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung.
Mit Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 25.06.2024 wurde dem Bf ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % ab 01.08.1987 und 70 % ab 01.12.1992 bescheinigt. Der Bf leidet an paranoider Schizophrenie mit akustischen Halluzinationen, die eine vollbetreute Wohnform und Erwachsenenvertretung notwendig machen, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, einer Entleerungsstörung der Blase sowie Hypertonie. Die rückwirkende Anerkennung des Grades der Behinderung iHv 50% ab August 1987 sei aufgrund der nachgereichten antragsrelevanten Befunde möglich. Der Grad der Behinderung in Höhe von 70 % liege seit Dezember 1992, dem Zeitpunkt, ab dem sich der Bf. im betreuten Wohnen befinde, vor. Der Bf sei voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bestehe seit August 1987, da der Bf die Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht habe.
Mit Bescheiden des Finanzamtes Österreich vom 26.06.2024 wurde der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe sowie des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die dauernde Erwerbsunfähigkeit erst nach dem 21. bzw. 25. Lebensjahr eingetreten sei.
Gegen diese Bescheide hat der Bf, vertreten durch den NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz, dieser vertreten durch die Erwachsenenvertreterin ***EV***, mit Eingabe vom 16.07.2024 Beschwerde erhoben. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er bereits bei der Stellungskommission am 13.12.1978 mit der Diagnose "depressive Neurose" sowie der Verdachtsdiagnose "schizoide Psychopathie" und der Empfehlung, einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen, für untauglich erklärt worden sei und verwies auf die diesbezüglichen Unterlagen. Der erste auffindbare (und beigelegte) Entlassungsbefund des damaligen ***LKH*** sei mit 28.10.1987 datiert und stamme aus Band 9 der Krankengeschichte. Band 1 - 8 seien bereits geschreddert worden. Daher könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die psychische Erkrankung bereits lange vor seinem 21. Geburtstag eingetreten sei. Die im Versicherungsdatenauszug angeführten Beschäftigungsverhältnisse seien stets von kurzer Dauer gewesen und daher als Arbeitsversuche zu werten. Eine Erwerbsfähigkeit im eigentlichen Sinne könne daraus nicht abgeleitet werden.
Mit Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 01.08.2024 wurde dem Bf neuerlich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % ab 01.08.1987 und 70 % ab 01.12.1992 bescheinigt. Es würden sich keine Änderungen zum Vorgutachten vom 25.06.2024 ergeben. Der Bf ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bestehe seit August 1987. Es sei nachvollziehbar, dass eine psychiatrische Erkrankung vor August 1987 vorgelegen habe. Es lägen aber keine Befunde oder Unterlagen vor, die behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren würden, dass daraus eine Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 18./21. LJ nachvollziehbar sei. Diese sei gleichbleibend zum Vorgutachten nach Befundvorlage zu bestätigen.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom 20.08.2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auch nach dem Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 01.08.2024 die dauernde Erwerbsunfähigkeit erst nach dem 21. Bzw. 25. Lebensjahr eingetreten sei, weshalb die Voraussetzungen für einen Bezug der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe nicht erfüllt seien.
Mit Eingabe vom 05.09.2024 beantragte der Bf, vertreten durch seine Erwachsenenvertreterin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten sei mangelhaft, da die Sachverständige offenbar irrtümlich angenommen habe, dass es sich bei dem beiliegenden Entlassungsbefund des damaligen ***LKH*** vom 28.10.1987 um die Erstaufnahme gehandelt habe. Der Befund stamme jedoch aus Band 9 der Krankengeschichte. Es habe bereits vor dem 28.10.1987 etliche stationäre Voraufenthalte im selben Krankenhaus gegeben, jedoch seien diese Unterlagen (Band 1 - 8) geschreddert worden.
Der Beschwerdeführer, geb. ***2***.1960, absolvierte nach seiner Schulzeit eine Lehre als ***3***, welche er mit der Lehrabschlussprüfung abschloss.
Die Stellungskommission erklärte ihn am 13.12.1978 mit der Diagnose "depressive Neurose" sowie der Verdachtsdiagnose "schizoide Psychopathie" für untauglich.
Im Jahre 1987 befand sich der Bf mehrere Wochen in stationärer Behandlung. Der Bf bezieht Bundespflegegeld und seit Juni 1990 eine Invaliditätspension. Ab 1992 befindet er sich im betreuten Wohnen in wechselnden Institutionen. Seit 2022 befindet er sich im vollbetreuten Wohnen ***4***.
Der Bf war zu folgenden Zeiten als ***3*** beschäftigt oder bezog Versicherungsleistungen:
[...]
Mit Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 25.06.2024, psychiatrische Sachverständige ***5***, wurde dem Bf ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % ab 01.08.1987 und 70 % ab 01.12.1992 bescheinigt. Der Bf leidet an paranoider Schizophrenie mit akustischen Halluzinationen, die eine vollbetreute Wohnform und Erwachsenenvertretung notwendig machen, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, einer Entleerungsstörung der Blase sowie Hypertonie. Die rückwirkende Anerkennung des Grades der Behinderung iHv 50% ab August 1987 ist aufgrund der nachgereichten antragsrelevanten Befunde möglich. Der Grad der Behinderung in Höhe von 70 % liegt seit Dezember 1992, dem Zeitpunkt, ab dem sich der Bf. laut Befund der Soziotherapie KH ***4*** im betreuten Wohnen befindet, vor. Der Bf ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, besteht seit August 1987, da der Bf die Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht hat.
Mit Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 01.08.2024, psychiatrische Sachverständige ***6***, wurde dem Bf neuerlich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % ab 01.08.1987 und 70 % ab 01.12.1992 bescheinigt. Der Bf leidet an paranoider Schizophrenie mit akustischen Halluzinationen, die eine vollbetreute Wohnform und Erwachsenenvertretung notwendig machen, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, einer Entleerungsstörung der Blase sowie Hypertonie. Der Bf ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, besteht seit August 1987. Es ist nachvollziehbar, dass eine psychiatrische Erkrankung vor August 1987 vorlag. Gegenüber dem Vorgutachten war jedoch keine andere Einschätzung möglich, da keine Befunde oder Unterlagen vorlagen, die behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren, dass daraus eine Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 18./21. LJ nachvollziehbar ist.
Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 23.9.2010, 2010/15/0078; 28.10.2010, 2006/15/0301; 26.5.2011, 2011/16/0011; 20.7.2011, 2009/17/0132).
Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten. Insbesondere wird aufgrund der übereinstimmenden Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, der psychiatrischen Sachverständigen ***5*** vom 25.06.2024 und ***6*** vom 01.08.2024 als erwiesen angenommen, dass beim Bf ab 01.08.1987 ein fünfzigprozentiger und ab 01.12.1992 ein siebzigprozentiger Gesamtgrad der Behinderung vorliegt, die Unfähigkeit, sich selbst Unterhalt zu verschaffen aber nicht vor dem vollendeten 21. Lebensjahr eingetreten ist.
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfGH 10.12.2007, B 700/07, ausgeführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch anhand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung (sh. zB VwGH 18.11.2008, 2007/15/0019, und VwGH 18.12.2008, 2007/15/0151) der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen; daraus folgt, dass auch das Bundesfinanzgericht für seine Entscheidungsfindung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen hat, sofern diese als schlüssig anzusehen sind. Es ist also im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens zu überprüfen, ob die erstellten Sachverständigengutachten diesem Kriterium entsprechen.
Dies ist zu bejahen. Die beiden Gutachten widersprechen sich nicht und erweisen sich als schlüssig. Die Gutachterinnen haben bei ihrer Einschätzung sämtliche ihnen vorliegenden Unterlagen gewürdigt und hieraus die entsprechenden Schlüsse gezogen.
Die Rüge der Erwachsenenvertreterin des Bf. im Vorlageantrag, wonach im Gutachten des SMS die Sachverständige irrtümlich angenommen habe, dass es sich bei dem Entlassungsbefund des damaligen ***LKH*** vom 28.10.1987 um die Erstaufnahme gehandelt habe, bezieht sich offenbar auf das erste Sachverständigengutachten vom 25.06.2024 und nicht auf das Gutachten vom 01.08.2024, auf das sich die Beschwerdevorentscheidung stützt. Dies erschießt sich auch daraus, dass die Erwachsenenvertreterin des Bf das in der BVE angeführte Datum des Gutachtens mit 01.08.2024 als falsch bezeichnet und als richtiges Datum den 25.06.2024 angibt. Im Gutachten vom 01.08.2024 zitiert die Sachverständige jedoch Folgendes aus der Beschwerdeschrift:
"AKTUELL: Neuantrag ab Datum: 01.04.2019 Neuerliche Beantragung wegen Beschwerde: Beschwerde- Schreiben EW ***EV*** 16 07 2024 ...."Der erste auffindbare Entlassungsbefund der damaligen ***LKH*** ist mit 28.10.1987 datiert. Jedoch stammt dieser Befund aus dem Band 9 (!!!) der Krankengeschichte. Band 1-8 wurden laut mündlicher Aussage der Sachbearbeiterin des Sekretariats der Akutpsychiatrie des Landesklinikums ***4*** am 18.3.2024 bereits geschreddert! Somit kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die psychische Erkrankung des Hm. ***Bf1*** bereits lange vor seinem 21. Geburtstag eingetreten ist"......
Daraus ergibt sich, dass die zweite Sachverständige durchaus wusste, dass der gegenständliche Entlassungsbefund nicht die erste Aufnahme im Landesklinikums ***4*** war und bereits eine Krankenvorgeschichte bestand. Sie verweist in der Stellungnahme zur dauernden Erwerbsunfähigkeit auch darauf, dass eine psychiatrische Erkrankung vor diesem Zeitpunkt nachvollziehbar ist.
Im Beschwerdefall hält die Erwachsenenvertreterin des Bf. den Feststellungen der gegenständlichen Sachverständigengutachten entgegen, dass der Grad der Behinderung und die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit sehr wohl schon vor dem darin festgestellten Datum vorgelegen seien. Es gelang der Erwachsenenvertreterin aber im Ergebnis nicht, Unterlagen vorzulegen bzw. Umstände aufzuzeigen, aus denen ihre Behauptung zweifelsfrei hervorginge. Dass im gegenständlichen Fall Unterlagen vernichtet wurden, die eventuell zu einer anderen Beurteilung durch die Sachverständigen geführt hätten, kann diesen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Diese sind auf vorgelegte Befunde und Unterlagen für die Beurteilung einer erheblichen Behinderung und dauernden Erwerbsunfähigkeit angewiesen - insbesondere bei Fällen, in denen ein sehr lange zurückliegender Behinderungseintritt festgestellt werden soll.
Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens treten Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis nicht erst mit dem ersten Krankenhausaufenthalt auf, sondern haben zumeist eine lange Vorgeschichte. Die Sachverständigen verneinen auch nicht, dass die psychische Erkrankung des Bf schon vor dem 21. Lebensjahr ein- bzw. aufgetreten sei. Insbesondere das zweite Gutachten vom 01.08.2024 stellt ausdrücklich fest, dass es nachvollziehbar sei, dass eine psychiatrische Erkrankung vor August 1987 vorgelegen habe. Vom Bf wurden allerdings keine weiteren Befunde oder andere Nachweise erbracht, aus denen abgeleitet werden kann, dass die Erkrankung des Bf. bereits vor August 1987 ein Ausmaß erreicht hätte, dass er bereits damals außer Stande gewesen war, sich den Lebensunterhalt zu verschaffen.
Laut Versicherungsdatenauszug vom 11.07.2024 schloss der Bf eine Lehre als ***3*** ab und war in seinem 21. Lebensjahr durchgehend als ***3*** (bis 11.03.1980 als Lehrling, danach als Arbeiter) beschäftigt. Er konnte noch bis 10.12.1987 als ***3*** berufstätig sein und erwarb den Anspruch auf eine Invaliditätspension. Daher sind auch die Schlüsse in den Sachverständigengutachten, wonach eine Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 21. Geburtstag aus der Befundlage nicht abgeleitet werden könne, nachvollziehbar.
Aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen sieht es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, im August 1987 eingetreten ist.
Gemäß § 6 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) haben minderjährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden.
Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, besteht eine Bindungswirkung der Abgabenbehörden und auch des Bundesfinanzgerichtes an die im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 erstellten Gutachten, sofern diese schlüssig sind.
Die Schlüssigkeit der erstellten Sachverständigengutachten ist nicht in Zweifel zu ziehen.
Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 muss die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, spätestens vor Vollendung des 21. Lebensjahres, in Ausnahmefällen vor Vollendung des 25. Lebensjahres vorliegen. Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde mit August 1987 festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bf bereits das 21. Lebensjahr vollendet.
Somit steht dem Bf weder der Grund- noch der Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe zu, weshalb der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein konnte.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Sowohl der VfGH als auch der VwGH bejahen eine Bindung an die im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen erstellten Gutachten. Die vom Bundesfinanzgericht durchzuführende Schlüssigkeitsprüfung betrifft keine Rechtsfrage, sondern ist Ausfluss der dem Bundesfinanzgericht obliegenden freien Beweiswürdigung.
Wien, am 30. Oktober 2025
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