Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch INTER-TREUHAND PRACHNER Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Hauptplatz 7, 3430 Tulln/Donau, über die Beschwerde vom 3. Februar 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 24. Jänner 2025 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024, SVNr. ***1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) legte mit Anspruchsüberprüfungsschreiben, eingelangt beim FA Österreich am 8.10.2024, ein Zeugnis bzw. eine Bestätigung vor, dass ihre Tochter ***2***, geb. ***3***, an der King Stage Business School London das Studium "Master in International Business and Sustainability absolviert habe.
Daraufhin wurden mit Bescheid vom 24.1.2025 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024 zurückgefordert.
Als Begründung wurde darauf verwiesen, dass sich ***2*** wegen des Studiums ständig in einem Drittstaat aufhalte. Objektive Gesichtspunkte ließen erkennen, dass der Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen werde, sodass schon ab dem Beginn des Studiums kein Familienbeihilfenanspruch bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 2.2.2025, die die Bf. wie folgt begründete:
Anspruch auf Familieneihilfe hätten, Personen für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehöre. Die Haushaltszugehörigkeit sei nicht aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhalte. Den gewöhnlichen Aufenthalt habe eine Person dort, wo sie sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass sie sich dort nicht nur vorübergehend aufhalte. Der Aufenthalt von ***2*** im Drittland (UK) sei nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken gewesen. Sie habe sich nach ihrem Bachelorstudium Tourismus-Eventmanagement mit Spezialisierung auf Kongressmanagement für das Masterstudium in London entschieden, da es kein gleichwertiges Studium in Österreich gebe.
Ein ähnliches Studium in Krems werde nur auf Deutsch unterrichtet und dauere zwei Jahre.
Im Rahmen eines Praktikums habe sie im Zuge der Climate Action Week sowie der International Fashion Week viel praktische Erfahrung sammeln könne, was in Österreich so nicht möglich gewesen wäre. Sie sei ausschließlich zum Masterstudium in London gewesen, ihr Lebensmittelpunkt sei aber immer Österreich gelegen (Freund, Familie). Dazwischen sei sie auch immer wieder nach Österreich gereist, was die beiliegenden Bordkarten beweisen.
***2*** sei seit Oktober 2024 wieder in Österreich und habe mittlerweile ein Einzelunternehmen gegründet.
In Österreich hätten grundsätzlich Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, was bei ***2*** der Fall sei.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 7.2.2025 als unbegründet abgewiesen, wobei die belangte Behörde darauf verwies, dass nur ein Auslandsaufenthalt im Rahmen eines Studiums an einer Österreichischen Universität nicht beihilfenschädlich wäre, nicht hingegen das gesamte Masterstudium im Drittland.
Am 6.3.2025 stellte die nunmehr vertretene Bf. einen Vorlageantrag, in dem sie auf ihr bisheriges Vorbringen verwies und nochmals betonte, dass ***2*** nur zu Ausbildungszwecken in London gewesen sei, da es kein gleichwertiges Studium in Österreich gegeben habe. Ihr Lebensmittelpunkt sei immer in Österreich gewesen. Beim seinerzeitigen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe sei auf das einjährige Masterstudium im Ausland hingewiesen worden und dennoch die Familienbeihilfe gewährt worden.
Der Bf. wurde für den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge ausbezahlt, nachdem die Bf. angegeben hatte, dass die Tochter ***2*** eine Zusage für ein Postgraduatestudium an der King Stage Business School in London für den Zeitraum Oktober 2023 bis Juli 2024 erhalten hatte.
Fest steht, dass ***2*** das Studium "Master's in International Business and Sustainability in London abschloss.
Laut den vorliegenden Bordkarten reiste sie im Rückforderungszeitraum viermal nach Österreich, nämlich am 16.11.2023, am 8.1.2024, am 2.5.2024 und am 30.5.2024. Der Aufenthalt ab dem 7.9.2023 liegt außerhalb des Rückforderungszeitraumes, der Flug am 16.7.2024 ging nach Hamburg.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Das Vereinigte Königreich (UK) ist seit seinem am 31.01.2020 erfolgten Austritt aus der EU ein Drittstaat.
Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs 3 FLAG 1967 geht es um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen sind, wie auch die Bf. richtig feststellt (vgl. etwa VwGH 22.4.2009, 2008/15/0323; 28.11.2007, 2007/15/0055; 15.11.2005, 2002/14/0103). Diese Beurteilung hat jedoch nicht auf den subjektiven Gesichtspunkt des Mittelpunktes der Lebensinteressen abzustellen, sondern auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit (VwGH 21.9.2009, 2009/16/0178). Für die Frage nach der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 FALG 1967 im gegenständlichen Fall, kommt es daher nicht darauf an, ob die Tochter der Bf. während ihres Studium in London den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich beibehielt, sondern wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Entgegen dem Vorbringen der Bf. ist es daher auch nicht von Bedeutung zu welchem Zweck die Tochter das Masterstudium in London absolvierte, also etwa wegen besserer Berufsaussichten (23.07.2025, RV/7101637/2025).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 26 Abs. 2 BAO dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. VwGH 15.11.2005, 2002/14/0103). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 337, und VwGH 20.6.2000, 98/15/0016; 20.10.1993, 91/13/0175).
Erstreckt sich ein Aufenthalt über einen "längeren Zeitraum", so liegt nach der Rechtsprechung "jedenfalls" ein "nicht nur vorübergehendes Verweilen" vor (vgl. in diesem Sinn etwa VwGH 28.11.2007, 2007/15/0055). Ein Aufenthalt ist demnach nicht schon dann "vorübergehend" im Sinne dieser Rechtsprechung, wenn er zeitlich begrenzt ist (VwGH 26.1.2012, 2012/16/0008). In dem zuletzt angeführten Erkenntnis judizierte der Verwaltungsgerichtshof, dass ein einjähriger Schulbesuch in den USA als nicht vorübergehend zu betrachten ist und verwies auf sein Erkenntnis vom 24.6.2010, 2009/16/0133, wonach ein fünfeinhalb Monate dauernder Aufenthalt in einem Drittstaat gerade noch als vorübergehend betrachtet werden könne.
Feststeht, dass das Studium der Tochter der Bf. jedenfalls 10 Monate dauerte und daher nicht als nur vorübergehend im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betrachtet werden kann. Der ständige Aufenthalt in Großbritannien wird durch die Inlandsaufenthalte nicht unterbrochen.
Auf die Absicht, nach dem Studium nach Österreich zurückzukehren, kommt es für die Frage, wo sich der ständige Aufenthalt der Tochter der Bf. befand, nicht an (VwGH vom 26.1.2012, 2012/16/0008).
Gleiches gilt für die Frage, ob es in Österreich eine gleichartige Ausbildung gab oder nicht. Darauf stellt jedoch § 34 Abs. 8 EStG 1988 hinsichtlich eines allfälligen Anspruches auf den Pauschalbetrag für "auswärtige Berufsausbildung" ab (siehe auch VwGH vom 27.4.2005, 2002/14/0050 im Anschluss an VfGH vom 4.12.2001, B 2366/00 wonach gegen eine Vorschrift, die bewirkt, dass Personen, die im Ausland (Drittland) lebenden Kindern gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, keine Familienbeihilfe gewährt wird, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Der Gesetzgeber werde der verfassungsrechtlichen Pflicht zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten auch dann gerecht, wenn er dafür nicht den Weg der Gewährung von Transferzahlungen wähle, sondern die Berücksichtigung im Wege des Steuerrechts ermögliche).
Dem Vorbringen, dass die Familienbeihilfe gewährt worden sei, obwohl dem Finanzamt bekannt gegeben worden sei, dass die Tochter in Großbritannien studieren werde, ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Es kommt in diesem Zusammenhang nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa VwGH 10.12. 1997, 97/13/0185; VwGH 22.04.1998, 98/13/0067), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. VwGH 28.11.2002, 2002/13/0079; VwGH 09.07.2008, 2005/13/0142). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 13). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa VwGH 19.12.2013, 2012/16/0047 oder VwGH 24.6.2009, 2007/15/0162). Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. BFG 13.06.2018, RV/7104954/2017). Daraus folgt weiters, dass auch der gute Glaube an eine (falsche) Rechtsauskunft seitens des Finanzamtes (vgl. BFG 8.2.2017, RV/7105064/2015; 20.6.2016, RV/7100264/2016; VwGH 24.6.2009, 2007/15/0162) oder eine unrichtige Auszahlung nicht geschützt werden (vgl. dazu auch BFG vom 27.03.2024, RV/5100581/2023).
Eine Rückforderung ist auch dann zulässig, wenn der entscheidungswesentliche Sachverhalt von einer Behörde zunächst unrichtig beurteilt worden sein sollte (vom 23.07.2025, RV/7101637/2025).
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro (ab 2023: € 61,80) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Erkenntnis nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die (ordentliche) Revision auszuschließen.
Wien, am 22. August 2025
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