Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch STB, betreffend Beschwerde der beschwerdeführenden Partei, datiert mit 15.10.2024, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das ***FA*** hinsichtlich unerledigter Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2020, 2021 und 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Gemäß § 284 Abs. 1 BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
Die beschwerdeführende Partei hat gemäß § 284 Abs. 1 BAO Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde erhoben (unerledigte Beschwerden). Laut Darstellung der steuerlichen Vertretung wurde gegen die Bescheide des ***FA*** (FAÖ) vom 28.02.2024, beinhaltend die Arbeitnehmerveranlagung der Jahre 2020, 2021 und 2022, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt.
Zum Übermittlungsvorgang wird seitens der beschwerdeführenden Partei Folgendes vorgebracht: Die Beschwerde sei am 4.3.2024 eingeschrieben an das ***FA*** (FAÖ) per Adresse Postfach 260, 1000 Wien gesendet worden. Der Postaufgabeschein vom 4.3.2024 trage die Nr. XYZ. Aus informellen Kontakten mit dem FAÖ habe der Einschreiter Kenntnis, dass die Beschwerden beim FAÖ eingelangt sind.
In der Stellungnahme (22.11.2024) des FAÖ zur Säumnisbeschwerde hält das FAÖ fest, dass nach internen Erhebungen die Einbringung der behaupteten Beschwerden nicht festgestellt wurden. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des FAÖ liege daher nicht vor.
Nach weiterem erfolgten Beschluss des BFG wurden seitens des Bf. im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem BFG Unterlagen vorgelegt, die das Einlagen beweisen sollen (Bescheid Einstellung Forderungspfändung, Zeitliste Eingaben steuerliche Vertretung, Kopie nur erste Seite der Beschwerdeschrift mit Aufgabeschein Post, Rechnung Post über Großaufgabe vom 4.3.2024 zu XYZ).
Das FAÖ hat eine neuerliche Stellungnahme (16.4.2025) abgegeben und brachte weiterhin vor, dass das Einlangen der behaupten Beschwerden nicht festgestellt werden konnte. Insbesondere verweist das FAÖ darauf hin, dass eine Anfrage bei der Österreichischen Post AG zur Nachforschung des Briefes mit dem Rückschein Nr. XYZ erfolglos blieb (vgl. Mailverkehr des FAÖ mit dem Postkundenservice vom 2. April 2025: Kein Eintrag dieser Sendungsnummer in den Datenbanken der Post). Die Einstellung der Forderungspfändung erfolgte laut FAÖ nur deswegen, da das FAÖ davon ausging, dass die von der steuerlichen Vertretung des Bf. gemachten Ausführungen richtig seien. Aus der Beilage 2 des FAÖ ergibt sich zusätzlich, dass zwischen dem 19.2.2024 und dem 19.3.2024 keine Eingänge beim FAÖ in Bezug auf den Bf. erfolgten. Auch aus diesen Darstellungen geht das BFG davon aus, dass die Beschwerden nicht beim FAÖ eingelangt sind.
Die neuerliche Stellungnahme des FAÖ vom 16.4.2025 wurde samt Beilagen mit Beschluss des BFGs vom 29.4.2025 der steuerlichen Vertretung des Bf. zur allfälligen Gegenäußerung/Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Die gesetzte Frist von 3 Wochen ist mittlerweile abgelaufen. Eine Stellungnahme der steuerlichen Vertretung des Bf. erfolgte nicht.
Wenn Anbringen einer Partei beim ***FA*** einlangen, werden diese wie sämtliches einlangendes Schriftgut eingescannt. Schriftstücke werden beim Eingang erfasst (u.a. Eingangsart, Steuersubjekt, verfahrensrelevantes Datum) und an die Scanstelle übermittelt. Die Pflicht des ***FA***, über Anbringen zu entscheiden, setzt das Einlangen des Anbringens beim ***FA*** auf einem zugelassenen Weg voraus. Eine Einbringung per Briefsendung auf dem Postweg ist zulässig. Die Beförderung von Sendungen durch die Post erfolgt auf Gefahr des Absenders. Hierzu reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (vgl. bereits Beschluss des BFG vom 31.10.2024 an den Bf.).
Nach elektronischen Ermittlungen des BFG in Datenbanken (Finanzonline, Abgabeninformationssystem), soweit ein Zugriff des BFG besteht, scheinen zwar die ESt-Bescheide 2020, 2021 und 2022 vom 28.2.2024 auf. Diesbezügliche Beschwerden sind aber nicht angemerkt oder ersichtlich (vgl. bereits Beschluss des BFG vom 31.10.2024 und Beschluss des BFG vom 29.4.2025 an den Bf., ebenso Mailverkehr des BFG mit der steuerlichen Vertretung (Ende März 2025/Anfang April 2025)). Im Mailverkehr an die steuerliche Vertretung hält das BFG fest: "In der vorliegenden Sache lagen der beim BFG eingebrachten Säumnisbeschwerde zunächst keinerlei Unterlagen bei, nicht einmal die reklamierte Beschwerde ESt 2020, 2021 und 2022 und der Postaufgabeschein. Sinnvoll wäre es, einer Säumnisbeschwerde sofort aussagekräftige Unterlagen inklusive Nachverfolgung Einschreibesendung Post beizulegen und nicht lediglich auf nicht näher spezifizierte "informelle Kontakte mit dem FAÖ" hinzuweisen. Dies insbesondere dann, wenn bereits aus dem Finanzonline hervorgeht, dass diese Beschwerden nicht angemerkt sind" (Anmerkung: Die steuerliche Vertretung hat Zugriff auf Finanzonline).
Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft nach der Judikatur den Absender (Ritz/Koran, BAO-Kommentar, 7. Auflage, § 108, Rz. 10). Von einem Einlagen der der behaupteten Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2020, 2021 und 2022 war aufgrund obigen Darstellungen nicht auszugehen.
Die gegenständlichen ESt-Bescheide wurden laut Darstellung des FAÖ zwischenzeitlich gemäß § 299 BAO mit Bescheiden im April 2025 aufgehoben, da ein solcher Antrag gestellt wurde und dem Begehren dieser Anträge wurde vom FAÖ entsprochen.
In der Mailnachricht der steuerlichen Vertretung vom 3.4.2025 an das BFG wurde Folgendes mitgeteilt: "Vielen Dank für Ihre rasche Rückmeldung. Als Ausfluss beraterischer Vorsicht haben wir am 18.02.2025 (somit fristgerecht) einen Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2020 bis 2022 gemäß § 299 BAO gestellt. Sollte dieser Antrag seitens der Finanz erledigt werden können, würden wir die Säumnisbeschwerde zurückziehen". Eine Zurückziehung der Säumnisbeschwerde erfolgte bis dato nicht.
Ein Einlangen der behaupten Beschwerden wurde seitens des Bf. nicht nachgewiesen und konnte auch vom BFG nicht festgestellt werden. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des FAÖ lag somit nicht vor. Da somit die behauptete Säumnis nicht vorliegt, war die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Solche Rechtsfragen liegen nicht vor. Der Beschluss hing im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung ab. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG kommt einer Rechtsfrage unter anderem dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 11. 9. 2014, Ra 2014/16/0009 oder VwGH 26. 2. 2014, Ro 2014/02/0039).
Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. für viele VwGH 17. 9. 2014, Ra 2014/04/0023; VwGH 11. 9. 2014, Ra 2014/16/0009; VwGH 14. 8. 2014, Ra 2014/01/0101; VwGH 24. 4. 2014, Ra 2014/01/0010; VwGH 24. 6. 2014, Ra 2014/05/0004). Eine einzelfallbezogene Beurteilung, wie in der vorliegenden Sache, ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. VwGH 27. 10. 2014, Ra 2014/04/0022 oder VwGH 25. 4. 2014, Ro 2014/21/0033).
Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (vgl. VwGH 1. 9. 2014, Ro 2014/03/0074 oder VwGH 28. 11. 2014, Ra 2014/01/0094). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. VwGH 23. 9. 2014, Ro 2014/01/0033 unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, etwa OGH 28. 3. 2007, 6 Ob 68/07d; OGH 5. 8. 2009, 6 Ob 148/09x oder OGH 6. 6. 2013, 5 Ob 97/13w).
Wien, am 17. Juni 2025
Rückverweise
Keine Verweise gefunden