Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch August Proßegger, Fichtenweg 3 Tür 1, 5122 Hochburg-Ach, über die Beschwerde vom 2.10.2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 1. September 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Bescheid vom 1. September 2022 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2021 fest und berücksichtigte den Familienbonus Plus lediglich für sechs Monate, da der Beschwerdeführer nur in diesen Zeiträumen in Österreich Arbeitslosengeld bezogen hatte.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Er brachte vor, dass ihm der Unterhaltsabsetzbetrag für das gesamte Jahr 2021 gewährt worden sei und nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (BFG 4.5.2021, RV/5100069/2021) sowie des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.4.2022, Ra 2021/15/0067-3) für den Familienbonus Plus kein Antrag auf Ausgleichs- oder Differenzzahlung erforderlich sei. Da die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag vorlägen, sei daher auch der Familienbonus Plus für das gesamte Kalenderjahr 2021 zu berücksichtigen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass Österreich im Jahr 2021 nur während der Zeiten des österreichischen Arbeitslosengeldbezuges leistungspflichtig gewesen sei. In den übrigen Monaten habe aufgrund der unselbständigen Beschäftigung des Beschwerdeführers in Deutschland die primäre Zuständigkeit für Familienleistungen gehabt. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach habe daher nur für sechs Monate bestanden.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und verwies insbesondere auf die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages für zwölf Monate.
Daraufhin legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in Österreich und war im Jahr 2021 überwiegend unselbständig in Deutschland beschäftigt. Der Familienwohnsitz (Kindesmutter und Kinder) befindet sich in Deutschland. Die Kindesmutter übt keine Erwerbstätigkeit in Österreich aus.
Der Beschwerdeführer bezog vom 14. Jänner 2021 bis 11. April 2021 sowie vom 27. November 2021 bis 31. Dezember 2021 Arbeitslosengeld in Österreich. In den übrigen Monaten war er ausschließlich in Deutschland unselbständig tätig.
Der Beschwerdeführer beantragte den Familienbonus Plus. Das Finanzamt gewährte diesen im Einkommensteuerbescheid 2021 für sechs Monate.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sowie aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2021 seinen Wohnsitz in Österreich hatte und überwiegend in Deutschland unselbständig beschäftigt war.
Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges in Österreich sind durch die vom AMS ausgestellten Bescheinigungen dokumentiert und wurden auch von der belangten Behörde nachvollziehbar festgestellt. Der Bezug von Arbeitslosengeld im Zeitraum 14.01.2021 bis 11.04.2021 sowie vom 27.11.2021 bis 31.12.2021 steht somit fest. Für diese Zeiträume ist Österreich nach den unionsrechtlichen Koordinierungsvorschriften als zuständiger Staat für Familienleistungen anzusehen.
Hinsichtlich der übrigen Monate ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer in Deutschland einer Beschäftigung nachgegangen ist. Nach Art. 68 VO 883/2004 ist damit Deutschland vorrangig zuständig. Der Umstand, dass die Kindesmutter weder in Österreich beschäftigt ist noch dort eine Sozialversicherungspflicht begründet, ist aktenkundig und wurde vom Beschwerdeführer selbst vorgebracht.
Die Angaben des Beschwerdeführers zum Familienwohnsitz in Deutschland wurden durch Meldebestätigungen und durch die von den deutschen Behörden ausgestellten Kindergeldunterlagen bestätigt. Diese Nachweise lassen keinen Zweifel daran, dass der Familienwohnsitz im Streitzeitraum in Deutschland lag.
Die Beweisaufnahme ergab somit ein klares Bild: Für die Monate mit österreichischem Arbeitslosengeldbezug besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach, für die übrigen Monate des Jahres 2021 jedoch nicht. Weder der Wohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich noch der Umstand, dass die Kindesmutter keiner Beschäftigung in Österreich nachgeht, vermögen daran etwas zu ändern.
Nach § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht der Familienbonus Plus für ein Kind im Sinne des § 106 EStG nur dann zu, wenn für dieses Kind Familienbeihilfe gewährt wird oder dem Grunde nach zusteht.
Die Zuständigkeit für Familienleistungen richtet sich nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Gemäß Art. 68 Abs. 1 lit. a VO 883/2004 ist grundsätzlich jener Mitgliedstaat für Familienleistungen zuständig, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, ist vorrangig der Wohnsitzstaat der Kinder zuständig. Nur wenn im primär zuständigen Mitgliedstaat ein geringeres Leistungsniveau besteht, kann der andere Mitgliedstaat eine Differenzzahlung leisten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass für die Geltendmachung des Familienbonus Plus kein tatsächlicher Antrag auf Familienbeihilfe erforderlich ist; es genügt, dass die Voraussetzungen dem Grunde nach erfüllt sind (VwGH 6.4.2022, Ra 2021/15/0067).
Im gegenständlichen Fall bestand für die überwiegende Zeit des Jahres 2021 eine unselbständige Beschäftigung des Beschwerdeführers in Deutschland. Damit war Deutschland gemäß Art. 68 VO 883/2004 vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig. Österreich hatte in diesen Monaten keine Verpflichtung zur Leistung von Familienbeihilfe. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach war daher nicht gegeben.
Nur in jenen Monaten, in denen der Beschwerdeführer in Österreich Arbeitslosengeld bezog, war Österreich nach Art. 68 VO 883/2004 für die Gewährung von Familienleistungen zuständig. Für diese sechs Monate liegt ein Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach vor, sodass der Familienbonus Plus zusteht.
Für die übrigen Monate des Jahres 2021 fehlt es an einer österreichischen Anspruchsgrundlage. Der bloße Wohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich reicht nicht aus, um einen Anspruch auf Familienleistungen dem Grunde nach zu begründen.
Das Finanzamt hat daher den Familienbonus Plus zu Recht lediglich für sechs Monate berücksichtigt.
Zwar hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 4.5.2021, RV/5100069/2021, ausgesprochen, dass für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus kein tatsächlicher Antrag auf Ausgleichs- bzw. Differenzzahlung erforderlich ist und dass es genügt, wenn die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach vorliegen. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6.4.2022, Ra 2021/15/0067-3, diese Vorgangsweise bestätigt.
Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Frage des Antrags. Sie stellt klar, dass der Familienbonus Plus nicht schon deshalb zu versagen ist, weil der Steuerpflichtige keinen Antrag auf Ausgleichszahlung gestellt hat. Sie besagt aber nicht, dass der Familienbonus Plus unabhängig davon zusteht, ob Österreich nach unionsrechtlichen Koordinierungsvorschriften überhaupt zuständig ist.
Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 ist Voraussetzung für den Familienbonus Plus, dass für das Kind Familienbeihilfe gewährt wird oder dem Grunde nach zusteht. Ob ein Anspruch "dem Grunde nach" besteht, richtet sich nach den Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004. Danach ist vorrangig jener Mitgliedstaat zuständig, in dem eine Beschäftigung ausgeübt wird (Art. 68 Abs. 1 lit. a). Da der Beschwerdeführer im Jahr 2021 überwiegend in Deutschland unselbständig beschäftigt war, war Deutschland für diesen Zeitraum primär leistungspflichtig. Österreich konnte in diesen Monaten keine Familienleistungen gewähren.
Dass dem Beschwerdeführer im Einkommensteuerbescheid vom 1.9.2022 der Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate gewährt wurde, begründet für sich genommen keinen Rechtsanspruch auf den Familienbonus Plus für denselben Zeitraum. Der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG knüpft allein an die Leistung von gesetzlichem Unterhalt für ein nicht im Haushalt lebendes Kind an; er ist eigenständig und nicht an die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe gebunden. Der Familienbonus Plus hingegen ist ein abgeleiteter Absetzbetrag, der ausdrücklich die Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe voraussetzt.
Mit anderen Worten: Der Umstand, dass Unterhalt gezahlt wird und der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wurde, ersetzt nicht die unionsrechtlich erforderliche Anspruchsgrundlage für die Familienbeihilfe dem Grunde nach.
Daraus folgt, dass der Familienbonus Plus nur in jenen Monaten zu berücksichtigen ist, in denen Österreich nach Art. 68 VO 883/2004 zuständig war, also während des Bezugs von österreichischem Arbeitslosengeld. Für die übrigen Monate bestand keine österreichische Anspruchsgrundlage, sodass auch kein Anspruch auf Familienbonus Plus dem Grunde nach gegeben war.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil die Rechtslage durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist. Die Frage, dass der Familienbonus Plus nur zusteht, wenn ein Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach besteht, ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz (§ 33 Abs. 3a EStG iVm VO 883/2004).
Linz, am 3. Oktober 2025
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