Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 2. November 2022 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Wien 12/13/14 Purkersdorf, vom 23.11.2021 und vom 4.10.2022, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2020 und 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1.10.2025 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2020 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Der Einkommensteuerbescheid 2021 wird abgeändert.
Die Einkommensteuer für das Jahr 2021 wird mit -1.141,00 Euro festgesetzt. Das Einkommen beträgt 61.233,30 Euro.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist bei der ***1*** GmbH beschäftigt und beantragte in den Jahren 2020 und 2021 die Steuerfreiheit für die Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG, welche seitens seines Dienstgebers am Lohnzettel nicht berücksichtigt wurden.
Mit Bescheiden vom 23.11.2021 sowie 4.10.2022 setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für die Jahre 2020 und 2021 fest und wies die dagegen eingebrachten Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.3.2023 als unbegründet ab.
Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens legte der Bf. seinen Dienstvertrag vom 30.3.1999, Abrechnungsbelege für die Jahre 2020 und 2021 sowie Zeitaufzeichnungen für das Jahr 2020 vor, aus welchen hervorgehe, dass die Überstunden tatsächlich geleistet worden seien. Auch ein Schreiben des Dienstgebers vom 3.5.2023, mit welchem dieser die in den Jahren 2020 und 2021 lohnsteuerpflichtig abgerechnete Überstundenpauschale als begünstigte Überstunden im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1988 erachte, wurde vorgelegt.
In seinem Vorlageantrag vom 4.5.2023 bringt der Bf. vor, dass aus dem der belangten Behörde übermittelten Dienstvertrag ersichtlich sein, dass ein Überstundenpauschale von 10 Stunden pro Monat vereinbart sei. Diese 10 Überstunden würden separat am monatlichen Lohnzettel ausgewiesen. Aus unerklärlichen Gründen seien diese 10 Stunden nie steuerfrei ausgewiesen worden. Es liege jedoch keine Vermengung von Gleitzeit und Überstundenpauschale vor, da die 10 Überstunden dezidiert am monatlichen Lohnzettel ausgewiesen würden.
Mit Vorlagebericht vom 17.6.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
In der mündlichen Verhandlung legte der Bf. Zeitaufzeichnungen für das Jahr 2021 vor und ergänzte sein Vorbringen dahingehend, als für die nicht korrekt bearbeiteten Zeitaufzeichnungen das Buchhaltungsbüro zuständig sei. Der Bf. sagte zu, bis spätestens 3. November 2025 korrigierte Zeitaufzeichnungen nachzureichen, aus denen eine klare Abgrenzung zwischen Überstunden und Gleitzeitguthaben hervorgehe.
Es wurden keine berichtigten Zeitaufzeichnungen übermittelt.
Der Bf. hat das gegenständliche Dienstverhältnis am 1.5.1999 angetreten.
Aus dem am 30.3.1999 abgeschlossenen Dienstvertrag geht hervor, dass die wöchentliche Normalarbeitszeit des Bf. 38,5 Stunden beträgt und der Bf. eine widerrufbare Überstundenpauschale (12x jährlich) bezieht (siehe Pkt. 3.1. des Dienstvertrages), mit welcher Mehrleistungen und Überstunden im Ausmaß von 10 Stunden pro Monat vergütet sind (siehe Pkt. 4.1. des Dienstvertrages).
Neben der Überstundenpauschalvereinbarung besteht auch eine Gleitzeitvereinbarung, wobei die Überstunden gesondert verrechnet werden und daher nicht durch Zeitausgleich teilweise oder zur Gänze abzugelten sind.
Das vertraglich geregelte Überstundenpauschale, welches auf den monatlichen Abrechnungsbelegen angeführt ist, gebührt dem Bf. unabhängig davon, ob die Überstunden tatsächlich geleistet wurden.
Fest steht, dass aus den für die Streitjahre vorgelegten Zeitaufzeichnungen keine klare Abgrenzung zwischen den geleisteten Überstunden und den geleisteten Gleitzeitstunden hervorgeht.
Streit herrscht über die Behandlung der vorgenommenen Abgeltung der sich im Rahmen einer gleitenden Arbeitszeit ergebenden Überstunden.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den unbestrittenen und nicht widersprüchlichen Inhalten des vorgelegten Veranlagungsaktes, dem seitens des Bf. vorgelegten Dienstvertrag, den Zeitaufzeichnungen und den Abrechnungsbelegen für die Jahre 2020 und 2021.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
Gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung sind - zusätzlich zu den in § 68 Abs. 1 leg. cit. genannten Zuschlägen - Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch 86 Euro monatlich, steuerfrei.
Soweit Zulagen und Zuschläge durch § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 nicht erfasst werden, sind sie gemäß § 68 Abs. 3 EStG 1988 nach dem Tarif zu versteuern.
Als Überstunde gilt gemäß § 68 Abs. 4 EStG 1988 jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Als Normalarbeitszeit gilt jene Arbeitszeit, die auf Grund
1. gesetzlicher Vorschriften,
2. von Dienstordnungen der Gebietskörperschaften,
3. aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
4. der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
5. von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
6. von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,
festgesetzt wird oder die
7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein übliche Normalarbeitszeit. Als Überstunde gilt jedoch nur jene Arbeitszeit, die 40 Stunden in der Woche übersteigt oder durch die die Tagesarbeitszeit überschritten wird, die sich auf Grund der Verteilung einer mindestens 40stündigen wöchentlichen Normalarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage ergibt.
Als Überstundenzuschläge gelten die durch die Vorschriften im Sinne der Z 1 bis 6 leg. cit. festgelegten Zuschläge oder die im Sinne der Z 7 leg. cit. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein gewährten Zuschläge.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt die Steuerbegünstigung für Überstundenzuschläge nur in Betracht, wenn die genaue Anzahl und zeitliche Lagerung aller im einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über das sonstige Arbeitsentgelt hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen. Vom erstgenannten dieser Erfordernisse kann nur abgesehen werden, wenn eine klare, nach der Sachlage wirtschaftlich fundierte Vereinbarung über eine Pauschalabgeltung der Überstundenleistungen in bestimmter Höhe getroffen ist (vgl. u.a VwGH 24.5.1993, 92/15/0037 sowie VwGH 29.1.1998, 96/15/0250).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21.4.2004, 2001/08/0048, festgestellt, dass die Möglichkeit besteht, neben einer Gleitzeitvereinbarung auch eine Überstundenpauschalierung abzuschließen.
Die Überstunden der Pauschalvereinbarung dürfen dabei jedoch nicht Gegenstand der Gleitzeitvereinbarung sein, da Gleitzeitguthaben, die übertragbar sind, nicht als Überstunden anzusehen sind. Vielmehr deckt das Überstundenpauschale die Abgeltung von Überstunden ab, während das Gleitzeitkonto die flexiblen Stunden verwaltet. Bei einer Gleitzeit kann die Begünstigung des § 68 Abs 2 EStG jedoch nur zur Anwendung kommen, wenn tatsächlich "echte" Überstunden vorliegen.
Um die Begünstigung des § 68 Abs 2 EStG in Anspruch zu nehmen ist es daher wesentlich zu gewährleisten, dass eine klare Abgrenzung und Differenzierung zwischen den geleisteten Überstunden und Gleitzeitstunden erfolgt.
Im gegenständlichen Fall ist aus den seitens des Bf. vorgelegten Zeitaufzeichnungen keine Abgrenzung zwischen den von ihm geleisteten Überstunden und Gleitzeitstunden ersichtlich. Dies deshalb, weil die geleisteten Mehrstunden regelmäßig in den nächsten Monat "mitgenommen" werden, während Überstunden ausbezahlt und nicht in den nächsten Monat übertragen werden.
Der Bf. hat in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass das Buchhaltungsbüro für die nicht korrekt bearbeiteten Zeitaufzeichnungen zuständig sei und korrigierte Zeitaufzeichnungen in Aussicht gestellt. Zeitaufzeichnungen, aus denen eine separate und klar abgrenzbare Differenzierung zwischen Überstunden und Gleitzeitsaldo ersichtlich ist, wurden jedoch nicht nachgereicht.
Die seitens des Bf. vorgelegten Abrechnungsbelege können die erforderlichen, deutlich zwischen Gleitzeitsunden und Überstunden differenzierenden, Zeitaufzeichnungen nicht ersetzen. Dies bereits deshalb nicht, als laut Dienstvertrag keine Einzelabgeltung der nachgewiesenen Überstunden erfolgt, sondern eine Pauschalabgeltung und somit feststeht, dass das vertraglich angeführte Überstundenpauschale dem Bf. unabhängig von den tatsächlich geleisteten Überstunden gebührt.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der vorliegenden Umstände keine Lohnzettelberichtigung unter Berücksichtigung der Steuerfreiheit gemäß § 68 Abs. 2 EStG vorgenommen hat.
Die nachträglich übermittelten Spenden für das Jahr 2021 an die Umweltorganisation GLOBAL 2000 in der Höhe von 100,00 Euro waren als Sonderausgaben 2021 zu berücksichtigen. Dadurch sinkt das Einkommen um 100 Euro und die Einkommensteuer um 48 Euro, sodass sich die Einkommensteuergutschrift für das Jahr 2021 um 48 Euro erhöht.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (zB. VwGH 11.9.2017, 2017/16/0009). Da gegenständlich nur einzelfallbezogen maßgebliche Sachverhaltsfragen zu beurteilen waren, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Aus diesem Grund war die Revision spruchgemäß nicht zuzulassen.
Wien, am 11. November 2025
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