Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, den Richter***SenBR*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***StB***, über die Beschwerde vom 30. April 2020 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 9. Jänner 2020 betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückerstattung zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer gem § 240 Abs 3 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. November 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 5. Oktober 2017 wurde die Arbeitnehmerveranlagung des Abgabepflichtigen für das Jahr 2014 durchgeführt. Dabei wurden Einkünfte einer Arbeitgeberin, welche zwei Lohnzettel für unterschiedliche Zeiträume übermittelte, sowie Bezüge vom Insolvenz-Entgelt-Fonds und vom Arbeitsmarktservice berücksichtigt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am 27. November 2019 brachte der Abgabepflichtige einen Antrag gem § 240 Abs 3 BAO ein. Der von der Arbeitgeberin übermittelte Lohnzettel für den Zeitraum 2. Jänner bis 13. Mai 2014 würde nicht mit den tatsächlich ausbezahlten Beträgen übereinstimmen und wäre für ihn nicht nachvollziehbar. Tatsächlich habe er Gehalt und Spesen in einem wesentlich geringeren Ausmaß erhalten. Es werde daher die Rückzahlung der in diesem Lohnzettel ausgewiesenen Lohnsteuer beantragt. Beigefügt wurden diesem Antrag Kontoauszüge und eine Aufstellung, aus welchen die tatsächlich zugeflossenen Beträge ersichtlich seien, sowie eine Einkommensteuerberechnung.
Mit Bescheid vom 9. Jänner 2020 wurde dieser Antrag abgewiesen. Einem Antrag nach § 240 Abs 3 BAO komme der Charakter eines subsidiären Rechtsbehelfs zu. Die Bestimmung wäre nicht anwendbar, wenn die behauptete Unrichtigkeit beim Lohnsteuerabzug im Wege der Veranlagung möglich wäre. Die Veranlagung wäre bereits im Oktober 2017 erfolgt.
Mit Eingabe per FinanzOnline ersuchte der Abgabepflichtige um Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Beschwerde bis zum 15. März 2020. Das Finanzamt gewährte diese Fristverlängerung formlos.
Am 30. April 2020 wurde Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid eingebracht und die Entscheidung durch den gesamten Senat mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt. Über den Arbeitgeber wäre im Mai 2014 ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden. Der Arbeitgeber habe dem Beschwerdeführer in diesem Zeitraum keine Bezüge bezahlt bzw nur Spesen ersetzt. Im Oktober 2014 wäre das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Masseverwalter abbestellt worden. Im Jahr 2015 habe der Arbeitgeber einen Lohnzettel für den Zeitraum Jänner bis Mai 2014 mit falschen Zahlen übermittelt, da der Beschwerdeführer für diesen Zeitraum die ausbleibenden Gehälter vom Insolvenz-Entgelt-Fonds erhalten habe.Das Finanzamt habe es gänzlich unterlassen darzulegen, aus welchen konkreten Gründen im Einzelfall der Antrag nach § 240 Abs 3 BAO verweigert werde. So sei es auch nicht möglich gewesen im Rahmen des Rechts auf Parteiengehör zu den einzelnen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe keinen Einfluss auf falsch übermittelte Lohnzettel und hätte eine Veranlagung an diesem Umstand nichts geändert, sondern im Gegenteil eine Steuernachzahlung bewirkt. Die übermittelten Lohnzettel könnten nur durch die Behörde geändert werden bzw die Änderung veranlasst werden. Es sei in diesem Fall eben gerade nicht möglich, Unrichtigkeiten im Wege der Veranlagung zu korrigieren. Es werde daher beantragt, den in Rede stehenden Lohnzettel durch den beigefügten Lohnzettel, welcher auf Grund der Zahlungseingänge erstellt worden sei, zu ersetzen. In weiterer Folge werde beantragt den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2014 durch die Behörde entsprechend abzuändern.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. August 2020 als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt begründete diese Entscheidung im Wesentlichen wiederum damit, dass die (rechtskräftig gewordene) Veranlagung bereits im Jahr 2017 erfolgt sei und im Veranlagungsverfahren keine Bindung an die Lohnsteuerberechnung des Arbeitgebers bestehe. Über eine allfällige Unrichtigkeit beim Lohnsteuerabzug wäre daher in jedem Fall im Rahmen des Veranlagungsverfahrens abzusprechen gewesen.
Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Der Beschwerdeführer wurde rechtskräftig zur Einkommensteuer 2014 veranlagt.
Für den Beschwerdeführer wurde für den Zeitraum 2. Jänner bis 13. Mai 2014 von der Arbeitgeberin [Arbeitgeberin] ein Lohnzettel übermittelt.Dieser Lohnzettel wurde - neben anderen Bezügen - der Veranlagung für das Jahr 2014 zu Grunde gelegt. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid 2014 erwuchs in Rechtskraft.
Der übermittelte Lohnzettel entspricht nicht den tatsächlich im oben genannten Zeitraum ausbezahlten Bezügen. Die Höhe der vom Arbeitgeber in diesem Zeitraum geleisteten (Netto-) Zahlungen ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Kontoauszügen. Die Höhe der (steuerpflichtigen) Einkünfte im genannten Zeitraum und der dafür tatsächlich einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer kann nicht festgestellt werden.
Der Sachverhalt ergibt sich aus den unstrittigen Teilen des Verwaltungsaktes.
Während der Beschwerdeführer in seinem Antrag nach § 240 Abs 3 BAO vom 27. November 2019 von einem in Teilbeträgen ausbezahlten Gehalt in Höhe von € 4.205,88 und Spesen von € 400,00 sowie einer einbehaltenen Lohnsteuer von € 4.255,95 spricht, wird im Vorlageantrag einerseits ausgeführt, dass der Arbeitgeber im in Rede stehenden Zeitraum keine Bezüge bezahlt und lediglich Spesen ersetzt hat. Dem Vorlageantrag wurde jedoch ein Lohnzettel angeschlossen, welcher nach den Angaben des Beschwerdeführers "auf Grund der Zahlungseingänge erstellt worden" sei. Dieser Lohnzettel enthält unter KZ 245 steuerpflichtige Bezüge in Höhe von € 4.879,29 und unter KZ 260 eine anrechenbare Lohnsteuer € 673,41. Ein Nachweis, welche Beträge der Realität (tatsächliche Vorgangsweise im Rahmen der Lohnverrechnung) entsprechen, wurde nicht erbracht und kann auch aus den (widersprüchlichen) Angaben des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden.
Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der mit 9. Jänner 2020 datierte abweisende Bescheid betreffend einen - ausdrücklich als solcher benannter - Antrag auf Rückerstattung entrichteter Lohnsteuer gemäß § 240 Abs 3 BAO.Am 8. Feber 2020 wurde ein Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis 15. März 2020 gestellt. Diesem Antrag wurde formlos Folge gegeben. Da der 15. März 2020 ein Sonntag war, endete die verlängerte Frist somit erst am 16. März 2020 (§ 108 Abs 3 BAO).§ 323c Abs 1 BAO lautet:"In anhängigen behördlichen Verfahren der Abgabenbehörden werden alle im ordentlichen Rechtsmittelverfahren (7. Abschnitt Unterabschnitt A) vorgesehenen Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem 16. März 2020 fällt, sowie Fristen, die bis zum 16. März noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen."Die am 30. April 2020 eingebrachte Beschwerde ist daher rechtzeitig (§ 260 Abs 2 BAO).
Das Anbringen des Beschwerdeführers vom 27. November 2019 spricht ausdrücklich die Regelung des § 240 Abs 3 BAO und eine darauf fußende "Rückzahlung" von Lohnsteuer an.Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ist daher die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rückzahlung nach § 240 Abs 3 BAO verneint hat.
Gemäß § 240 Abs 1 BAO ist bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
Gemäß § 240 Abs 3 BAO hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Rückzahlung eines zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nichta) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs 1 erfolgt ist,b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
Aus dem klaren Wortlaut des § 240 Abs 3 BAO ergibt sich, dass Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen einzubehalten und abzuführen sind, insoweit nicht auf Grund eines auf diese Gesetzesbestimmung gestützten Antrages zurückgezahlt werden dürfen, als das Einkommensteuergesetz eine Überprüfung und allfällige Korrektur im Wege der Veranlagung vorsieht. Der durch § 240 Abs 3 BAO dem Arbeitnehmer eröffnete ergänzende Rechtschutz zum Zwecke der Korrektur eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers greift nach der Anordnung des Gesetzes dann nicht, wenn dem Arbeitgeber gegebenenfalls unterlaufene Unrichtigkeiten beim Lohnsteuerabzug ohnehin auf dem Wege der Erlassung eines Veranlagungsbescheides korrigierbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Veranlagung zur Einkommensteuer bereits erfolgt ist oder nicht (VwGH 24.1.2007, 2006/13/0171).
Für das Kalenderjahr 2014 ist mit dem Bescheid vom 5. Oktober 2017 eine Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer bereits rechtskräftig erfolgt. Zufolge des dem Gesetz zu entnehmenden Vorranges des Veranlagungsverfahrens gegenüber dem lediglich subsidiären Behelf eines Antrages nach § 240 Abs 3 BAO kann eine stattgebende Erledigung des verfahrensgegenständlichen Antrages somit auch dann nicht mehr in Betracht kommen, wenn das Veranlagungsverfahren über die vom Antrag betroffenen Zeiträume bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist nämlich die Abgabenbehörde nicht an die übermittelten Lohnzettel gebunden und kann diese, wenn deren Unrichtigkeit im Verfahren thematisiert und nachgewiesen wird, in alle Richtungen abändern. Tatsächlich hat es der Beschwerdeführer unterlassen, diese Einwendungen im Veranlagungsverfahren zu tätigen, obwohl dem Bescheid über die Veranlagung 2014 klar zu entnehmen ist, welche Bezüge der Besteuerung unterworfen wurden. Die an sich bereits im Veranlagungsverfahren zu berücksichtigende Unrichtigkeit eines Lohnzettels nachträglich im Wege des (subsidiären) Rechtsbehelfes nach § 240 Abs 3 BAO (somit auch außerhalb der Rechtsschutzeinrichtungen des 7. Abschnittes der BAO) geltend machen zu wollen, liefe auf eine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft des Veranlagungsbescheides hinaus (VwGH 1.6.2006, 2005/15/0123).
Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden und es besteht auch keine Notwendigkeit den Versuch zu unternehmen, die tatsächliche Höhe der (Brutto-)Bezüge vom in Rede stehenden Arbeitgeber und deren steuerliche Behandlung (die dafür einbehaltene Lohnsteuer und allfällige Sozialversicherungsbeiträge) festzustellen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der vorliegende Fall entspricht sachverhaltsmäßig bereits vom Verwaltungsgerichtshof einheitlich entschiedenen Fällen. Das gegenständliche Erkenntnis orientiert sich an dieser Rechtsprechung und weicht von dieser nicht ab. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, war nicht zu lösen.
Innsbruck, am 5. November 2025
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