Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Varga, über die Beschwerde des XY in Zell am See, vertreten durch Dr. Rudolf Hanifle, Rechtsanwalt in Zell am See, Schillerstraße 22, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. Februar 1982, Zl. 9/01-18.327/2-1982, betreffend Bewilligung nach § 82 Abs. 5 StVO 1960 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Zell am See, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Mit Bescheid vom 8. Juli 1981 erklärte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See, daß zwischen dem Beschwerdeführer und den Vertretern der Stadtgemeinde ein Nutzungsrecht für die öffentliche Grundfläche auf der Dreifaltigkeitsgasse vor dem Hotel des Beschwerdeführers für gewerbliche Zwecke dieses Hotelbetriebes vereinbart worden sei; für dieses Nutzungsrecht sei ein jährlicher Anerkennungszins von S 2.700,-- zu entrichten. Die Grundbenützung werde dem Beschwerdeführer unter bestimmten Auflagen eingeräumt, unter denen es in den Punkten 2) und 3) heißt:
„... Das Nutzungsrecht endet täglich generell um 23.00 Uhr. Die auf der Grundfläche aufgestellten Gegenstände müssen spätestens um 23.00 Uhr aus der Fußgängerzone entfernt sein.“
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung insoweit, als ihm für das Jahr 1981 ein Anerkennungszins von mehr als S 840,-- und für die folgenden Jahre ein solcher von mehr als S 1.120,-- vorgeschrieben wurde, ferner möge das Ende der betrieblichen Nutzungszeit mit 23.30 Uhr festgesetzt und die Entfernung der aufgestellten Gegenstände bis zum Beginn des am nächsten Morgen einsetzenden Zustell- und Ladedienstes aufgeschoben werden. Hinsichtlich des Endes der Nutzungszeit berief sich der Beschwerdeführer auf einen Beschluß der Kurkommission der Stadtgemeinde Zell am See.
Auf Grund eines Beschlusses der Stadtvertretung der Stadtgemeinde Zell am See vom 23. September 1981 wurde mit dem Datum des 20. Oktober 1981 ein Bescheid ausgefertigt des Inhalts, wonach über die Berufung des Beschwerdeführers dahin erkannt werde, daß in der Frage des Anerkennungszinses dem Abänderungsbegehren des Beschwerdeführers stattgegeben werde. Hingegen werde der beantragten Verlängerung des Nutzungsrechtes von 23.00 Uhr auf 23.30 Uhr nicht stattgegeben. Im diesbezüglichen Teil der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, daß die Beschränkung der Offenhaltung der in der Fußgängerzone gelegenen Gastronomiebetriebe, generell bis 23.00 Uhr gelte. Damit sei vorgesorgt worden, die Nachtruhe nach diesem Zeitpunkt im Stadtkern zu sichern. Der Beschwerdeführer könne sich diesbezüglich auch nicht auf einen Beschluß der Kurkommission berufen, weil die Zuständigkeit hierüber allein der Stadtgemeinde Zell am See als Ortspolizeibehörde zufalle.
Dieser Beschluß wurde dem rechtsanwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 26. Jänner 1982 zugestellt. Am 28. Jänner 1982 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid insofern Vorstellung an die Salzburger Landesregierung, als ihm die Verlängerung „des beantragten Nutzungsrechtes“ von 23.00 Uhr auf 23.30 Uhr nicht bewilligt wurde. Die Vorstellung vertritt die Rechtsansicht, der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See sei nicht nur Vorsitzender der Kurkommission, sondern in dieser auch stimmberechtigter Delegierter der-erkennenden Behörde. In dieser Eigenschaft habe der Bürgermeister der Verlängerung auf 23.30 Uhr zugestimmt. Damit habe der Bürgermeister für die Stadtgemeinde eine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben, an welche die Stadtgemeinde gebunden sei. Andernfalls könne jede Abstimmung der Kurkommission ad absurdum geführt werden.
Mit Bescheid vom 5. Februar 1982 wurde diese Vorstellung gemäß § 63 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung in Verbindung mit § 82 StVO abgewiesen. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, wohl sei in den beiden Bescheiden „der Stadtgemeinde Zell am See“ die bezughabende Gesetzesstelle nicht angeführt, doch könne kein Zweifel darüber bestehen, daß dem Beschwerdeführer eine Bewilligung der Benützung einer Gemeindestraße zu verkehrsfremden Zwecken gemäß § 82 StVO erteilt worden sei. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß die Gemeinde diesen im Rahmen der örtlichen Straßenpolizei erlassenen Bescheid mit der privatrechtlichen Vereinbarung über die Leistung eines Anerkennungszinses „vermischt“ habe. Gegenstand der Vorstellung sei allein der behördliche Abspruch. Durch die Nichtzitierung der anzuwendenden Gesetzesstelle (§ 82 StVO) sei der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt, weil es sich um ein Administrativverfahren und um kein Verwaltungsstrafverfahren handle. Auch der Zusatz im Bescheid vom 20. Oktober 1981 „das sich bis Ende September des Jahres bezogen hat“ und der zumindest irreführend sei, weil dem Beschwerdeführer die Bewilligung im Sinne des § 82 StVO unbefristet erteilt worden sei, werde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Daß das mündliche Begehren des Beschwerdeführers, ihm die Aufstellung von Tischen, Stühlen und Sonnenschirmen auf jenem Teil der Dreifaltigkeitsgasse zu erlauben, der unmittelbar vor seinem Hotel liege, nicht protokollarisch festgehalten worden sei, sei lediglich ein Verfahrensmangel, durch welchen Rechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt worden seien. Die vom Beschwerdeführer beantragte Verlängerung der Ausnahmebewilligung um eine halbe Stunde zur Nachtzeit sei geeignet, in der Fußgängerzone durch die Gäste des Hotelbetriebes des Beschwerdeführers eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung herbeizuführen. Dies gelte nach Ansicht der Vorstellungsbehörde schon für die Zeit ab 22.00 Uhr, sodaß die Gemeinde Zell am See mit der Festsetzung einer Ausnahmebewilligung bis 23.00 Uhr dem Beschwerdeführer ohnehin schon weitgehend entgegengekommen sei. Die verfügte Einschränkung auf 23.00 Uhr erscheine sachlich gerechtfertigt. Wenn die Kurkommission vor der Sitzung der Stadtvertretung der Ansicht gewesen sein sollte, man könne die Ausnahme bis 23.30 Uhr bewilligen, so seien die Mitglieder der Stadtvertretung daran nicht gebunden gewesen. Ausnahmebewilligungen nach § 82 StVO könnten nur von der zuständigen Behörde und nicht von der Kurkommission gewährt werden. Die Kurkommission habe auch im Verfahren zur Erteilung einer solchen Bewilligung keine wie immer geartete verfahrensrechtliche Stellung; sie könne durch ihre Erklärungen die Behörde nicht binden. Daher sei der Vorstellung Erfolg zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt; die mitbeteiligte Stadtgemeinde Zell am See erklärte in einer Gegenschrift, die Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde sei zutreffend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im ergänzenden Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 12. Mai 1982 erhobene Rüge gegen die äußere Form des angefochtenen Vorstellungsbescheides ist nicht begründet. Auf einem Papier mit dem Kopf „Amt der Salzburger Landesregierung“ wurde ein Bescheid erlassen, nach dessen Spruch die Vorstellung abgewiesen wird. Der Bescheid ist gefertigt „Für die Landesregierung: Dr. H“ und mit einer Beglaubigungsklausel „Für die Richtigkeit der Ausfertigung“, es folgt eine Unterschrift, versehen. In Anbetracht des Umstandes, daß das Amt der Landesregierung - von landesgesetzlich anders geregelten Fällen abgesehen grundsätzlich keine Behörde, sondern bloß Geschäftsapparat des Landeshauptmannes oder der Landesregierung ist (vgl. das BundesVerfassungsgesetz vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 289), des weiteren Umstandes, daß im Text des Bescheides nirgends davon die Rede ist, daß das Amt der Landesregierung als Behörde entschieden habe und schließlich in Anbetracht der eindeutigen Bescheidfertigung „Für die Landesregierung“ besteht kein Zweifel daran, daß der Bescheid der zuständigen Behörde, nämlich der Salzburger Landesregierung, zuzurechnen ist. Der Bescheid enthält somit im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG 1950 in seiner Fertigungsklausel die Bezeichnung der Behörde und, in seiner Urschrift, die Unterschrift desjenigen, der die Erledigung genehmigt hat.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 hat der Bescheidspruch unter anderem die angewendeten Gesetzesbestimmungen anzuführen. Diesem Erfordernis wird der angefochtene Bescheid Gerecht. Inwieweit dadurch Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden sein sollen, daß die Organe der Stadtgemeinde Zell am See in den von ihnen erlassenen Bescheiden gegen diese Vorschrift verstießen, wird in der Beschwerde nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen im Sinne des § 82 Abs. 1 und 5 StVO ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich nicht auf Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen beziehen soll, gemäß § 94 d Z. 9 StVO die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich berufen. Nach der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56/1976, war zur Erteilung oder Verweigerung der Ausnahmebewilligung in erster Instanz gemäß ihrem § 37 Abs. 1 lit. a der Bürgermeister berufen; über die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid hatte gemäß § 63 Abs. 2 lit. b der genannten Gemeindeordnung die Gemeindevertretung („Stadtvertretung“) zu entscheiden. Nun ergibt sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen des Bescheides der Gemeindevertretung, daß diese über das begehrte „Nutzungsrecht“ - richtig: die Ausnahmegenehmigung - als Ortspolizeibehörde entschieden hat; zumal in diesem Zusammenhang keine andere als die oben zitierte Zuständigkeit in Frage kam. Es ergibt sich somit weder aus den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung 1960 noch aus denen der Salzburger Gemeindeordnung 1976 eine Befugnis der Kurkommission zur Entscheidung über die beantragte Ausnahmebewilligung. Eine solche Entscheidungszuständigkeit der Kurkommission ergibt sich aber auch nicht aus den Bestimmungen des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. Nr. 39/1960. Nach dessen § 18 Abs. 1 ist die Kurkommission das Organ des Kurfonds. Nach § 17 Abs. 4 des zitierten Gesetzes hat der Kurfonds im Kurort alle Angelegenheiten des Kurwesens zu besorgen, soweit nicht die Organe der Gemeinden, die dem Kurbezirk angehören, zuständig sind. Der Kurfonds hat die örtlichen, öffentlichen Interessen an der Erhaltung, Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Kurortes wahrzunehmen. Es folgen in den Buchstaben a) bis g) die beispielsweise aufgezählten Aufgaben des Kurfonds; aus keiner Bestimmung ist ersichtlich, daß der Kurfonds oder sein Organ, die Kurkommission, in Angelegenheit einer Ausnahmebewilligung nach § 82 Abs. 1 StVO eine Entscheidungszuständigkeit hätte.
Es ist aber, entgegen der Rechtsansicht der Beschwerde, auch aus keiner Bestimmung des letztgenannten Gesetzes oder der Salzburger Gemeindeordnung 1976 abzuleiten, daß die Stimmabgabe des Bürgermeisters jener Gemeinde, in der der Kurfonds seinen Sitz hat, in der Kurkommission das Verhalten eben dieses Bürgermeisters als Organ der Gemeinde als Entscheidungsbehörde erster Instanz oder als Mitglied der Gemeindevertretung als Entscheidungsbehörde zweiter Instanz irgendwie rechtlich präjudizieren könnte. Vielmehr ist es eine im Rechtsweg nicht überprüfbare Frage der politischen Verantwortung, wenn derselbe Büroermeister in der Kurkommission zur selben Sache eine Meinung, in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Gemeindeorgan aber eine andere Meinung vertreten sollte.
Der Verwaltungsgerichtshof kann ferner in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer begehrte Ausnahmebewilligung sei geeignet, zur Nachtzeit eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung herbeizuführen, nicht als rechtswidrig erkennen. Auch die Berufung der Beschwerde auf § 82 Abs. 2 lit.a StVO ist deshalb verfehlt, weil ein Hotelbetrieb wie der des Beschwerdeführers keine gewerbliche Tätigkeit auf Gehsteigen oder Gehwegen ohne feste Standplätze darstellt. Das dem Beschwerdeführer ausnahmsweise bewilligte Aufstellen von Tischen, Stühlen, Sonnenschirmen und dgl. vor seinem Hotel gehört zum Hotelbetrieb selbst und kann nicht abgesondert als gewerbliche Tätigkeit ohne festen Standplatz betrachtet werden.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behaupteten Rechtswidrigkeiten des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. 1 Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 16. Februar 1983
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